Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 1
Nach der früheren gesetzlichen Regelung in §§ 807, 899 ff. ZPO a.F. stand die Erstellung eines Vermögensverzeichnisses und die eidesstattliche Versicherung, dass es nach bestem Wissen so vollständig wie möglich abgegeben wurde, am Ende der – zunächst – fruchtlosen Zwangsvollstreckung. Seit dem 1.1.2013 hat der Gläubiger mit dem Inkrafttreten der Reform der Sachaufklärung ein Wahlrecht, inwieweit er mit der Vermögensauskunft beginnen oder sie in einer zeitlich späteren Phase nutzen möchte und mit welchen weiteren Aufträgen sie verbunden werden soll. Das ergibt sich aus § 802a Abs. 2 Nr. 2 ZPO und einem geänderten § 807 ZPO, der sich jetzt nur noch mit der Frage befasst, an welchem Ort eine eidesstattliche Versicherung abgenommen werden kann. Das eröffnet insgesamt neue taktische Möglichkeiten. Die Vermögensauskunft besteht dabei – wie bisher – aus zwei Teilen, nämlich der Vorlage eines Vermögensverzeichnisses sowie der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, dass dieses so vollständig und richtig erstellt wurde, wie dem Schuldner dies möglich ist.
Rz. 2
Hinweis
Ein ordnungsgemäß ausgewertetes Vermögensverzeichnis kann als Grundlage für Vollstreckungsversuche dienen, die dann auch Erfolg versprechen. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass von der Einleitung des Verfahrens gegenüber dem Schuldner auch ein Warnsignal ausgeht, verbliebendes Einkommen und Vermögen dem Gläubiger nun zu entziehen. In der Praxis zeigt die Neuregelung aber auch, dass sie Initialzündung für eine Kontaktaufnahme des Schuldners und in deren Folge eine gütliche Einigung sein kann.
Rz. 3
Da die Vermögensauskunft nach den neuen Regelbefugnissen des Gerichtsvollziehers nach § 802a ZPO nicht mehr von der vorherigen fruchtlosen Zwangsvollstreckung abhängt, war eine vollständige Neuregelung von § 807 ZPO a.F. erforderlich. Die bisher in § 903 ZPO a.F. geregelte wiederholte eidesstattliche Versicherung hat ihre Neuregelung in § 802d ZPO gefunden. Die Zuständigkeits- und Verfahrensvorschriften, die sich bisher in §§ 899, 900 ZPO a.F. befunden haben, sind nunmehr in § 802e, 802f ZPO zu finden. Die Regelungen über die Haft wegen der unberechtigten nicht abgegebenen eidesstattlichen Versicherung haben sich bisher in den §§ 901, 902, 904, 905, 906, 909, 910, 911, 913 und 914 ZPO a.F. befunden. Diese Vorschriften wurden nachhaltig komprimiert und finden sich nunmehr in den §§ 802g bis 802j ZPO. Neu ist die Vorschrift über die zentrale Verwaltung des Vermögensverzeichnisses in § 802k ZPO. Danach werden die Vermögensverzeichnisse nicht wie früher bei den rund 650 Amtsgerichten aufbewahrt, sondern bei 16 zentralen Vollstreckungsgerichten, jeweils einem für jedes Bundesland. Allerdings wird die Arbeit für den Gläubiger damit nicht erleichtert, da für die Erteilung von Abschriften bereits abgenommener Vermögensverzeichnisse nicht die zentralen Vollstreckungsgerichte, sondern die über 4.000 Gerichtsvollzieher in Deutschland zuständig werden.
Rz. 4
Ein ordnungsgemäß ausgewertetes Vermögensverzeichnis kann als Grundlage für Vollstreckungsversuche dienen, die Erfolg versprechen. Zugleich wird ein entsprechender Vollstreckungsdruck durch die mögliche Eintragung des Schuldners im Schuldnerverzeichnis erzeugt.
Rz. 5
Hinweis
In der Praxis fällt immer wieder auf, dass der Gläubiger zwar die Abnahme der Vermögensauskunft veranlasst, es dann aber versäumt, das Vermögensverzeichnis zum einen auf Vollständigkeit zu prüfen, zum anderen aber auch auf seine Schlüssigkeit. Bei der Schlüssigkeit muss darauf geachtet werden, dass nicht nur geprüft wird, ob das Vermögensverzeichnis in sich schlüssig ist, sondern auch, ob es im Hinblick auf andere Informationen des Gläubigers schlüssig und glaubhaft ist.
Rz. 6
Beispiel
Gibt der Schuldner im Vermögensverzeichnis an, dass er keine Erkenntnisse über die Höhe des Einkommens seines Ehegatten hat, – was im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung unterhaltsberechtigter Personen nach § 850c Abs. 4 ZPO ebenso von Relevanz ist, wie für die Pfändung eines Taschengeldanspruchs – ist dies nicht glaubhaft, wenn er mit seinem Ehegatten zusammen zur Steuer veranlagt wird oder mit diesem ein gemeinsames Konto nutzt.
Rz. 7
Hinweis
Der Gläubiger muss das Vermögensverzeichnis auch zeitnah prüfen, wenn er nicht Rechtsnachteile riskieren, insbesondere das Recht auf Nachbesserung verlieren will. So hat das Landgericht Bonn entschieden, dass der Gläubiger fast zwei Jahre nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung kein Rechtsschutzinteresse mehr an einer Ergänzung oder Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses hat, da er die Lücken des Verzeichnisses im unmittelbaren zeitlichen Bezug zur Abgabe des Verzeichnisses hätte rügen müssen. Damit nicht genug, soll der Gerichtsvollzieher für die Ablehnung des Nachbesserungsantrags auch Kosten erheben dürfen, weil sich der Gläubiger nicht mehr im kostenfreien Nachbesserungsverfahren befindet. Auch wenn diese Auffassung nicht unbestritten ist, setzt sich der Bevollmächtigte hier doch einem erhebl...