Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 29
Die sachliche Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers für die Abnahme der Vermögensauskunft mit den zwei Akten der Vorlage des Vermögensverzeichnisses und der Versicherung an Eides statt, dass dieses soweit als möglich vollständig und richtig ist, ergibt sich unmittelbar aus §§ 753 Abs. 1, 802a Abs. 2 S. 2 Nr. 2 ZPO. Sie betrifft die Abnahme der originären Vermögensauskunft nach § 802c ZPO und die Abnahme der vorzeitigen und erneuten Vermögensauskunft nach § 802d ZPO. Die sachliche Zuständigkeit für die Übersendung eines bereits abgegebenen Vermögensverzeichnisses nach § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO ergibt sich unmittelbar aus dieser Norm.
Rz. 30
Die örtliche Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers folgt aus § 802e Abs. 1 ZPO. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Wohnsitz (§ 7 BGB, §§ 12, 13, 17 ZPO), hilfsweise dem Aufenthaltsort zum Zeitpunkt der Auftragserteilung. Bei unbekanntem Aufenthalt des Schuldners scheitert das Verfahren damit schon im Ansatz. Für die Abnahme der Vermögensauskunft ist in diesen Fällen auch nicht die Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers begründet, in dessen Bezirk der Schuldner seinen letzten Wohnsitz gehabt hat, um durch das Nichterscheinen einen Haftbefehl erwirken zu können.
Rz. 31
Hinweis
Zur Begründung eines Aufenthaltsorts i.S.d. § 802e ZPO reicht allerdings auch schon eine kurzfristige Anwesenheit des Schuldners aus. Anderenfalls hat der Gläubiger die Möglichkeit, den Vollstreckungsauftrag mit einem Aufenthaltsermittlungsantrag nach § 755 ZPO zu verbinden.
Rz. 32
Soweit der Schuldner bzw. die offenbarungspflichtige Person nach dem Eingang des Antrages bei der Gerichtsvollzieherverteilerstelle oder unmittelbar dem Gerichtsvollzieher den Wohnsitz oder den Sitz wechselt, kann der örtlich zuständige Gerichtsvollzieher den Gerichtsvollzieher am neuen Wohnort im Wege der Rechtshilfe um Abnahme der Vermögensauskunft ersuchen. In weiteren Einzelfällen können Schwierigkeiten bestehen, den Wohnsitz zu bestimmen:
Rz. 33
Checkliste: Sonderfälle Zuständigkeit bei der Abnahme der Vermögensauskunft
Sonderfall |
Zuständigkeit |
Bei bestehender Betreuung |
Wohnsitz des betreuten Schuldners |
Bei bestehender Vormundschaft |
Wohnsitz des Mündels |
Minderjähriger |
Wohnsitz der Erziehungsberechtigten |
Berufs- oder Zeitsoldaten |
(letzter) inländischer Standort |
Wehrpflichtiger |
allgemeiner Wohnsitz |
Strafgefangener |
letzter Wohnsitz außerhalb der Strafanstalt, jedenfalls er diesen weiter unterhält. Der GV am Ort der JVA kann allerdings im Wege der Rechtshilfe tätig werden. |
Student |
Hochschulort, wenn er dort seinen ständigen Lebensmittelpunkt findet. |
Juristische Person |
Sitz der juristischen Person, auch wenn diese dort kein Büro und keinen Geschäftssitz unterhält. Auch in diesen Fällen kann die e.V. also nicht am Wohnort des gesetzlichen Vertreters abgenommen werden. |
Handelsgesellschaft |
Sitz der Gesellschaft |
Partnerschaftsgesellschaft |
Sitz der Partnerschaft |
EWiV |
Sitz der EWiV |
Ausländische Gesellschaft ohne inländischen Hauptsitz |
Sitz der Niederlassung |
Unbekannte Erben |
Wohnsitz des Nachlasspflegers. |
Rz. 34
Hinweis
Der Wohnsitz bestimmt sich nach § 7 BGB. Er ist dort, wo der Schuldner seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt gebildet hat. Die amtlich gemeldete Anschrift gibt hierfür einen Anhaltspunkt, ohne jedoch eine gesetzliche Vermutung darzustellen. Soweit der Schuldner über mehr als einen Wohnsitz verfügt, hat der Gläubiger nach § 35 ZPO die Wahl, welchen Gerichtsvollzieher er beauftragt.
Rz. 35
Wurde der Antrag dem örtlich unzuständigen Gerichtsvollzieher übersandt, so ist dieser verpflichtet, den Antrag nach § 802e Abs. 2 ZPO an den zuständigen Gerichtsvollzieher weiterzuleiten. Hierfür ist aber ein gesonderter Antrag des Gläubigers notwendig. Bei Fehlen des Antrags ist der Auftrag abzulehnen. Aus Zweckmäßigkeitsgründen ist allerdings geboten, dass der Gerichtsvollzieher beim Gläubiger auf die Ergänzung des Antrags hinwirkt. Hilfsweise sollte daher immer ein entsprechender Verweisungsantrag gestellt werden.
Rz. 36
Ist dem Gläubiger der örtlich zuständige Gerichtsvollzieher nicht bekannt, so kann er sich nach § 753 Abs. 2 S. 1 ZPO der Gerichtsvollzieherverteilungsstelle bei dem für den Wohnsitz bzw. Aufenthaltsort des Schuldners zuständigen Amtsgericht bedienen. Zur Beschleunigung der Angelegenheit ist eine unmittelbare Beauftragung eines Gerichtsvollziehers aber immer vorzuziehen.
Rz. 37
Hinweis
Die Abnahme der Vermögensauskunft durch einen örtlich unzuständigen Gerichtsvollzieher berührt deren Wirksamkeit nicht, sodass die einmal abgegebene Vermögensauskunft auch nicht durch den Schuldner mit einem Feststellungsbegehren für die Unwirksamkeit oder die Löschung einer erfolgten Eintragung im Schuldnerverzeichnis angefochten werden kann. Damit bleiben auch die mit der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung auf die Vermögensauskunft verbundenen strafrechtlichen Folgen bestehen. Der Schuldner kann die fehlende Zuständigkeit des Gerichtsvol...