Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 195
Kommt der Schuldner der – ordnungsgemäßen – Ladung des Gerichtsvollziehers zum Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft nicht nach oder erscheint er zwar im Termin, gibt dort aber die Vermögensauskunft ohne Grund nicht ab, so kann das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht – auf isolierten Antrag des Gläubigers oder nach Vorlage der Akten durch den Gerichtsvollzieher gem. § 802g ZPO einen Haftbefehl erlassen. Nur der Richter kann den Haftbefehl nach Art. 104 Abs. 2 GG i.V.m. § 4 Abs. 2 Nr. 2 RPflG erlassen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 802g ZPO oder einen Verstoß gegen internationales Recht sieht die Rechtsprechung darin nicht. Die Ablehnung des Antrags kann durch einen Rechtspfleger erfolgen, denn § 802g ZPO weist die Aufgaben dem Vollstreckungsgericht und damit wegen § 20 Nr. 17 RPflG dem Rechtspfleger zu, der nach § 4 Abs. 3 RPflG die Sache allein zur Anordnung der Haft, nicht aber zur Erledigung insgesamt, dem Richter vorzulegen hat. Es ist deshalb zunächst vom Rechtspfleger zu prüfen, ob die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls erfüllt sind.
Rz. 196
Dem Nichterscheinen oder der Nichtabgabe steht gleich, dass der Schuldner die zur Abgabe der Vermögensauskunft erforderlichen Unterlagen im Termin entgegen § 802f Abs. 4 S. 2 ZPO nicht mit sich führt und deshalb eine ordnungsgemäße Vermögensauskunft nicht abgegeben werden kann.
Rz. 197
Hinweis
Leitet der Gerichtsvollzieher den Haftbefehlsantrag dem Vollstreckungsgericht erst nach dem Erlass der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis zu, soll der Gläubiger dies hinzunehmen haben, da diese Verfahrensweise der Amtspflicht des Gerichtsvollziehers gemäß § 143 S. 2 GVGA entspreche. Auf eine solche Verzögerung muss sich der Gläubiger also einstellen. Hingenommen werden kann sie nur, wenn der Gerichtsvollzieher dann aber auch dem Beschleunigungsgrundsatz genügt und den Erlass der Eintragungsanordnung unverzüglich veranlasst.
Rz. 198
Auf Antrag des Gläubigers erlässt das Amtsgericht nach § 802g ZPO gegen den Schuldner, der dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleibt oder die Abgabe der Vermögensauskunft gem. § 802c ZPO ohne Grund verweigert, zur Erzwingung der Abgabe einen Haftbefehl. Das Formular zum Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher nach der ZVFV enthält im Modul I die Möglichkeit, bereits im Auftrag an den Gerichtsvollzieher den Haftantrag nach § 802g Abs. 1 S. 1 ZPO zu stellen. Es besteht aber kein Formularzwang, da § 753 Abs. 3 ZPO lediglich für die Erteilung des Auftrags zur Zwangsvollstreckung die Möglichkeit des Formularzwangs vorsieht. Der Antrag kann mit demjenigen auf Einholung der Vermögensauskunft verbunden, aber auch im Termin oder nachher schriftlich gestellt werden, um etwa eine weitere Beitreibungsdramaturgie gegenüber dem Schuldner aufzubauen und ihn zuvor noch einmal zu kontaktieren und ihm diese Maßnahme "anzudrohen". Die Zustellungsurkunde muss die Übergabe der Ladung bezeugen. Allein die Angabe des Aktenzeichens genügt nicht. Eine Unterzeichnung ist nicht erforderlich; die Erteilung eines Vollstreckungsauftrags und die Übergabe des Titels reichen aus. Auch ein Anwaltszwang besteht nicht.
Rz. 199
Hinweis
Eine Frist, binnen derer der Gläubiger den Antrag auf Verhaftung des Schuldners zu stellen hat, ist zwar gesetzlich nicht vorgesehen. Es ist indes ratsam, zügig den Antrag auf Verhaftung zu stellen, möglichst binnen sechs Monaten nach Erlass des Haftbefehls, da die Rechtsprechung von einer Verwirkung des Antragsrechts ausgeht. Hinzutreten muss aber vor allem ein Umstandsmoment; dies liegt jedenfalls dann vor, wenn der Gläubiger den Schuldner (ggf. wiederholt) durch seine Äußerungen oder durch schlüssiges Verhalten erkennen lässt, er werde den Haftbefehl nicht beantragen. Je mehr Zeit zwischen Vermögensauskunft und dem Antrag auf Verhaftung liegt, desto stärker wiegt das Zeitmoment. Der Schuldner hat die Umstände, die auf eine Verwirkung schließen lassen, darzulegen und zu beweisen. Auch wenn Verwirkung eingetreten sein sollte, ist der Gläubiger nicht schutzlos gestellt, da er die Abgabe einer neuen Vermögensauskunft verlangen und auch erneut Haft beantragen kann.
Rz. 200
Der Haftbefehl ist durch das Amtsgericht und hier durch den Richter zu erlassen und auf Antrag des Gläubigers unmittelbar dem Gerichtsvollzieher zur Vollziehung zu übersenden. Der Antrag kann auch durch eine Kanzleimitarbeiterin eines Rechtsanwaltes erfolgen, die ständig zur Abgabe von Willenserklärungen in Zwangsvollstreckungssachen ermächtigt ist.
Rz. 201
Fehlt es an einem Antrag auf unmittelbare Übersendung an den Gerichtsvollzieher erhält der Gläubiger den Haftbefehl, der ihn dann dem Gerichtsvollzieher zur Vollziehung vorlegen kann, ggf. nachdem er den Schuldner darauf hingewiesen hat, im Besitz des Haftbefehls zu sein und ihm ein – erneutes – Ratenzahlungsangebot unterbreitet.
Rz. 202
Zuständig für den Erlass des Haftbefehls ist das Amtsgeri...