Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 211
Der Schuldner kann sein Nichterscheinen entschuldigen, was dem Erlass des Haftbefehls grundsätzlich entgegensteht. Als Entschuldigung kommt etwa eine akute Erkrankung in Betracht, die jedoch nicht nur zu behaupten, sondern auch durch Vorlage eines – aussagekräftigen – ärztlichen Attestes nachzuweisen ist.
Rz. 212
Hinweis
Allein die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung reicht zur Entschuldigung nicht, da die Arbeitsunfähigkeit nicht bedingt, dass es dem Schuldner unmöglich sein soll, an einem in der Regel nur kurzen Termin teilzunehmen und die dort verlangten Angaben zu seiner Vermögens- und Einkommenssituation zu machen. Der Schuldner hat vielmehr die Art und Schwere der Erkrankung vorzutragen, damit das Gericht beurteilen kann, ob diese geeignet ist, eine Terminsteilnahme zu verhindern. Auch ein ärztliches Attest, wonach der Schuldner "zur Zeit krank" sei und "nicht an der Verhandlung teilnehmen" könne, ist bar jeder Aussage und genügt daher nicht, um die Verhandlungsunfähigkeit zu belegen. Ein ärztliches Zeugnis muss die Möglichkeit der Abnahme der in der Regel nur ca. 15–30 Minuten dauernden Vermögensauskunft auch in der Wohnung des Schuldners oder im Krankenhaus ausdrücklich ausschließen und konkret und nachvollziehbar begründen, weswegen und welcher Art Gesundheitsschäden für den Schuldner zu erwarten sind. Dabei kommt privatärztlichen Attesten nach der überwiegenden Rechtsprechung nur eine vorläufige Beweisfunktion zu; sie rechtfertigen allenfalls eine Vertagung des Termins und die Auflage, ein amtsärztliches Zeugnis beizubringen. Nach anderer Auffassung ist weniger auf den Aussteller als vielmehr auf den qualifizierten Inhalt des Attestes abzustellen.
Rz. 213
Die Pflichtwidrigkeit der Nichtabgabe der Vermögensauskunft ist Voraussetzung für die Erzwingungshaft nach § 802g Abs. 1 S. 1 ZPO und die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nach § 882c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO. Wann die Vermögensauskunft nicht pflichtwidrig abgeben ist, regelt § 802f Abs. 4 S. 3 ZPO. Nach § 802f Abs. 4 S. 3 ZPO Nr. 1 ZPO steht dem Schuldner der Nachweis offen, dass er die Nichtabgabe nicht zu vertreten hat. Dieses ist etwa dann der Fall, wenn der Schuldner aufgrund längerer Ortsabwesenheit tatsächlich keine Kenntnis von der Bestimmung des Termins zur Abnahme der Vermögensauskunft hatte und er auch nicht mit einer solchen Terminsbestimmung rechnen musste. Nach § 802f Abs. 4 S. 3 Nr. 2. ZPO ist die Nichtabgabe auch dann nicht pflichtwidrig, wenn der Schuldner der Bestimmung des Gerichtsvollziehers, die Abnahme außerhalb seiner Geschäftsräume (in der Wohnung, an einem anderen geeigneten Ort oder per Bild- und Tonübertragung) abzunehmen, fristgemäß widersprochen hat. Nach § 802f Abs. 4 S. 3 Nr. 3 ZPO fehlt es auch dann an der Pflichtwidrigkeit der Nichtabgabe der Vermögensauskunft, wenn der Schuldner darlegt, dass er die Vermögensauskunft, die aufgrund der Bestimmung des Gerichtsvollziehers per Bild- und Tonübertragung stattfinden sollte, nicht abgeben konnte, weil es technische Probleme gab. Den Schuldner treffen insoweit keine Nachweispflichten. Mit dieser Regelung soll vermieden werden, bei technischen Problemen eine aufwändige Fehlersuche und -zuweisung betreiben zu müssen. Daher trifft den Schuldner insoweit lediglich eine Darlegungslast – im Unterschied zu § 802f Abs. 4 S. 3 Nr. 1 ZPO, bei der ihn eine Beweislast triff.
Rz. 214
Eine längerfristige Erkrankung steht der Abnahme der Vermögensauskunft ebenso wenig wie eine nachgewiesene Arbeits- oder Haftunfähigkeit oder eine Gehunfähigkeit entgegen. In diesen Fällen ist der Gerichtsvollzieher vielmehr verpflichtet, dem Schuldner die Vermögensauskunft nach § 802f Abs. 2 Nr. 2 ZPO in dessen Wohnung oder am Krankenbett abzunehmen. Verweigert er gleichwohl die Abgabe der Vermögensauskunft, so kann der Haftbefehl ergehen. Allein dessen Vollziehung kann dann so lange gehindert sein, wie der Schuldner seine Haftunfähigkeit durch amtsärztliche Feststellungen nachweisen kann, § 802h Abs. 2 ZPO.