1. Grundsätzliches

 

Rz. 108

Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG entsteht für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information sowie für die Mitwirkung an der Gestaltung eines Vertrags, Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV RVG. Maßgeblich für den Anfall einer Geschäftsgebühr ist der erteilte Auftrag, da diesem zu entnehmen ist, welchen Weg der Rechtsanwalt zur Erledigung der Angelegenheit beschreiten soll.[75] Die Geschäftsgebühr entsteht damit schon mit der Auftragserteilung, wenn dem Anwalt die entsprechende Information vorliegt, was sein Auftrag konkret ist. Dabei zielt die Geschäftsgebühr auf ein Vertretungsmandat ab, vgl. dazu auch die Überschrift zu Teil 2 Abschnitt 3 "Vertretung". Fraglich ist, wie die Worte "Mitwirkung bei der Gestaltung an einem Vertrag" auszulegen sind. Ohne Zweifel kann wohl die Geschäftsgebühr abgerechnet werden, wenn durch den Anwalt Formulierungen vorgeschlagen werden.[76]Groß spricht sich dafür aus, dass aber auch schon die Prüfung eines vom Mandanten vorgelegten Vertrags und der darauf folgende Rat zur Annahme oder Ablehnung die Geschäftsgebühr auslösen.[77] Dieser Auffassung ist durch die Rechtsprechung des BGH inzwischen Vorschub geleistet worden, auch wenn diese einen Mietvertrag betraf.[78]

Dass die anwaltliche Prüfung eines notariellen Vertragsentwurfs die Geschäftsgebühr auslösen kann hat das LG Nürnberg-Fürth auch für einen Vermächtniserfüllungsvertrag entschieden.[79]

 

Rz. 109

Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ist eine Satzrahmengebühr mit einem Satzrahmen von 0,5 bis 2,5. Innerhalb dieses Rahmens hat der Rechtsanwalt unter Berücksichtigung der in § 14 RVG genannten Kriterien seine Gebühr nach billigem Ermessen zu bestimmen. Natürlich kann der Auftrag auch vorzeitig enden. Dies ist über die Gebührenhöhe entsprechend zu berücksichtigen.

Die Mittelgebühr beträgt 1,5 und ergibt sich aus der Addition von Mindest- und Höchstsatz geteilt durch 2. Die Mittelgebühr kann aber bei der Geschäftsgebühr – anders als z.B. in Straf- und Bußgeldsachen – nicht bei durchschnittlichen Fällen abgerechnet werden. Denn der Gesetzgeber hat mit der sogenannten Regelgebühr eine besondere Kappungsgrenze für die Geschäftsgebühr eingeführt, siehe nachfolgend.

[75] BGHZ 48, 334, 336 = NJW 1968, 52 = JurBüro 1968, 40; BGH NJW 1968, 2334 = JurBüro 1969, 46 = AnwBl. 1969, 15; Hansens, RVGreport 2004, 57 ff.; Enders, RVG für Anfänger Rn 539; Jungbauer, Rechtsanwaltsvergütung, 5. Aufl. 2010, Kap. 5 Rn 45 (ausführlich!).
[76] Für einen Ehevertrag: AG Bergisch Gladbach, Urt. v. 20.12.2006 – 69 C 109/05, BeckRS 2007, 03663; OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.6.1984 – 8 U 150/83, BeckRS 2010, 07033.
[77] Groß, Anwaltsgebühren in Ehe- und Familiensachen, 4. Aufl. 2014, § 3 Rn 7 ff.; vgl. aber auch Mayer/Kroiß/Teubel, Vorb. 2.3 zu Nr. 2300 RVG VV Rn 6.
[78] BGH, Beschl. v. 25.2.2015 – XII ZB 608/13 FuR 2015, 414 = RVGReport 2015, 295 = FGPrax 2015, 127 = FamRZ 2015, 847 = JurBüro 2015, 358.
[79] LG Nürnberg-Fürth, Hinweisbeschl. v. 12.5.2015 – 6 S 112/15, BeckRS 2015, 10670 = AGS 2015, 320 = RVGReport 2015, 30.

2. Begrenzung auf eine 1,3 Regelgebühr

 

Rz. 110

Nach der Anmerkung zu Nr. 2300 darf der Rechtsanwalt eine Gebühr von mehr als 1,3 nicht fordern, wenn die Tätigkeit nicht umfangreich oder schwierig war (fakultativ nicht kumulativ!).

 

Rz. 111

Zur Erinnerung:

§ 14 Abs. 1 RVG, der für Rahmengebühren gilt, enthält folgende Kriterien:

Umstände des Einzelfalls
Umfang der anwaltlichen Tätigkeit
Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit
Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber
Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers
das Haftungsrisiko
 

Rz. 112

Bei der Geschäftsgebühr spielen aufgrund der Anmerkung zu Nr. 2300 VV RVG allerdings ab einem Satz von 1,3 nur noch die Kriterien Umfang und Schwierigkeit eine Rolle. Alle anderen Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG kommen nicht mehr zur Anwendung. Bis zu einem Gebührensatz bis 1,3 sind diese aber natürlich ebenfalls zur Bemessung der Gebühr mit heranzuziehen.

 

Rz. 113

Muster 13: Musterrechnung 4.13: Außergerichtliche Vertretung – durchschnittliche Angelegenheit – Umgangsrecht

 

Musterrechnung 4.13: Außergerichtliche Vertretung – durchschnittliche Angelegenheit – Umgangsrecht

Rechtsanwältin Z vertritt außergerichtlich Mandant H wegen des Umgangsrechts für das Kind Anna gegenüber der sorgeberechtigten Mutter. Die Angelegenheit war nicht schwierig und auch nicht umfangreich.

Gegenstandswert: 3.000,00 EUR, §§ 23 Abs. 1 S. 3 RVG, 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG

 

1,3 Geschäftsgebühr aus 3.000,00 EUR

Nr. 2300 VV RVG
261,30 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 281,30 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 53,45 EUR
Summe 334,75 EUR

Zum Gegenstandswert siehe § 2 Rdn 338 ff.

 

Rz. 114

Muster 14: Musterrechnung 4.14: Außergerichtliche Vertretung – überdurchschnittliche Angelegenheit – Umgangsrecht

 

Musterrechnung 4.14: Außergerichtliche Vertretung – überdurchschnittliche Angelegenheit – Umgangsrecht

Rechtsanwältin Z vertritt außergerichtlich Mandant H wegen des Umgangsrechts für das Kind Anna gegenüber der sorgeberechtig...

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