Rz. 43
Um der Entwicklung zwischen Vor- und Nacherbfall gerecht zu werden, normiert § 2111 BGB drei Fallgruppen, nach denen Gegenstände in die Nacherbmasse fallen, die zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers nicht Gegenstand seines Vermögens waren.
a) Erwerb aufgrund eines zur Erbschaft gehörenden Rechts
Rz. 44
Zu dieser Gruppe gehören nur Erwerbstatbestände aufgrund dieses Rechts selbst, also ohne Hinzutreten eines Rechtsgeschäfts. Hierzu zählen die Verbindung, Vermischung, Verarbeitung (§§ 946 ff. BGB), Ersitzung (§ 937 BGB), der dem Grundeigentümer zustehende Schatzanteil (§ 984 BGB) und die Annahme einer dem Erblasser angefallenen Erbschaft (§ 1952 BGB). Bei Grundstücken ist zu beachten, dass Erwerb durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung ebenso nicht zu einer Surrogation führt wie der Erwerb einer Eigentümergrundschuld, die der Vorerbe durch Zahlung auf eine an einem Nachlassgrundstück hypothekarisch gesicherte Forderung aus Eigenmitteln erwirbt.
b) Ersatzerwerb
Rz. 45
Der Surrogation unterliegen Ersatzleistungen an den Nachlass aufgrund der Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Erbschaftsgegenstandes (§ 2111 Abs. 1 S. 1 Fall 2 BGB). Dazu gehören insbesondere deliktische Schadensersatzansprüche und die auf sie erbrachten Leistungen, Versicherungsansprüche, Enteignungsentschädigungen, an den Vorerben ausgekehrte Überschüsse aus der Zwangsversteigerung eines Nachlassgrundstücks, Ausgleichsansprüche nach dem Lastenausgleichsgesetz und Entschädigungen nach dem Vermögensgesetz, die bereits zu Lebzeiten dem Erblasser zustanden.
c) Mittelsurrogation
Rz. 46
Der wichtigste Fall der Surrogation ist die "Mittelsurrogation". Sie ist anzunehmen, wenn die zum Erwerb eines Wertes verwandten Mittel aus dem Nachlass stammen. Dies ist objektiv zu bestimmen. Auf den Willen des Vorerben kommt es nicht an. Zum Nachlass gehören daher auch Gegenstände, die der Vorerbe für den persönlichen Gebrauch aus Mitteln der Erbschaft erworben hat und für die er irrtümlich Eigenmittel zu verwenden glaubte. Löst der Vorerbe mit Mitteln des Nachlasses eine Hypothek ab, so fällt die dann entstehende Eigentümergrundschuld als Surrogat in den Nachlass, obgleich der Übergang kraft Gesetzes (§§ 1163, 1177 BGB) erfolgt, denn die Entstehung der Grundschuld steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der rechtsgeschäftlich bewirkten Tilgung der Schuld.
Fall
Der Vorerbe erwarb ein Grundstück und nahm hierfür ein Darlehen auf. Dies zahlte er dadurch ab, dass er ein Nachlassgrundstück verkaufte und mit dem Verkaufserlös das Darlehen bezahlte (nach BGH). Der Nacherbe hat hier das Recht, Eintragung des Nacherbenvermerks im Grundbuch zu verlangen.
Der BGH führte Folgendes aus, wobei die Entscheidung die maßgeblich an den wirtschaftlichen Auswirkungen orientierte Betrachtungsweise illustriert:
Zitat
"Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei zu der Auffassung gelangt, dass das Grundstück, in das die Beklagte vollstreckt, Teil der Vorerbschaft ist. Es stand zwar nicht schon im Eigentum des Erblassers, vielmehr hat der Vorerbe es erst am 6.10.1978 von der Beklagten gekauft; die Auflassung war am 13.3.1985 und die Umschreibung im Grundbuch wurde am 4.6.1985 vorgenommen. Der Vorerbe hat das Grundstück aber mit Mitteln der Erbschaft erworben, indem er das Grundstück des Erblassers in Hamburg verkaufte und den Kredit bei der K-Kasse H., mit dem er seine Kaufpreisverpflichtung aus dem Kaufvertrag vom 6.10.1978 über das hier umstrittene neue Grundstück erfüllt hatte, aus dem Erlös des Hamburger Grundstücks vollständig ablöste. Der hierin liegenden Mittelsurrogation gem. § 2111 BGB von dem Grundstück des Erblassers in Hamburg über die Kaufpreisforderung dafür bis in den Anspruch auf das neue Grundstück und schließlich in das neue Grundstück selbst steht nicht entgegen, dass in den Erwerbsvorgang zur Zwischenfinanzierung zusätzlich noch ein Kreditinstitut eingeschaltet war, dass der Kaufvertrag über das neue Grundstück bereits vor dem Verkauf des alten Grundstücks zustande gekommen war und dass bis zu dem Eigentumserwerb des neuen Grundstücks durch den Vorerben viel Zeit vergangen ist."
Rz. 47
Zahlt der Vorerbe einen zum Nachlass gehörenden Kredit aus Eigenmitteln ab, erhält er im Nacherbfall einen Zahlungsanspruch gegen den Nacherben; hier findet keine Surrogation aus dem Nachlass in das Eigenvermögen des Vorerben statt, weil es an einer entsprechenden gesetzlichen Regelung fehlt. Der Erblasser ist jedoch berechtigt, dem Vorerben im Wege eines Vermächtnisses aufzuerlegen, Kredite aus den aus der Vorerbschaft gezogenen Nutzungen zu tilgen; es entsteht dann kein Ersatzanspruch des Vorerben.
Rz. 48
Bei einem Girokontoguthaben, das der Vorerbe zu eigenem Zahlungsverkehr und für den Nachlass verwendet, ist zu differenzieren: In das Vertragsverhältnis zwischen Vorerbe und Bank rückt der Nacherbe nicht mit dem Nacherbfall ein, wenn dieser nicht mit dem Tod des Vorerben bestimmt ist. Allerdings hat er gegen den Vorerben einen Herausgabeanspruch auf die Guthabensumme, die durch Kontobewegungen ...