a) Verfügungen über ein Grundstück oder ein Recht an einem Grundstück
Rz. 31
Nach § 2113 Abs. 1 BGB ist die Verfügung des Vorerben über ein zur Erbschaft gehörendes Grundstück oder Recht an einem Grundstück bei Eintritt der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde. Hierunter fallen alle dinglich wirkenden Übertragungen, Belastungen, Inhaltsänderungen und die Aufgabe eines Grundstücksrechts. Dazu gehören auch die Bewilligung einer Vormerkung, die Erbbaurechtsbestellung sowie der Rangrücktritt von Grundpfandrechten. Wirtschaftliche Gesichtspunkte spielen keine Rolle.
Möglich ist auch die Veräußerung durch den nicht befreiten Vorerben mit Genehmigung des Nacherben, so dass die Verfügung nicht mehr "insoweit unwirksam" ist und der Nacherbenvermerk im Grundbuch gelöscht werden muss.
Rz. 32
Eine wichtige Ausnahme gilt, wenn ein Grundstück im Eigentum einer Gesamthand steht. Ist das Erbe, über das Vor- und Nacherbschaft angeordnet wurde, z.B. in einer Miterbengemeinschaft gebunden, so kann der Vorerbe die Auseinandersetzung gem. § 2042 BGB betreiben. Die Ausübung dieses Rechts bedarf keiner Zustimmung durch den Nacherben. Bei Verfügungen über Nachlassgegenstände, die im Wege der Auseinandersetzungen auf Miterben oder Dritte übertragen oder veräußert werden, muss nach h.M. die Beschränkung des § 2113 BGB nicht berücksichtigt werden, auch nicht analog. Grund hierfür ist, dass Nachlassbestandteil nicht das Recht am Grundstück, sondern der Gesamthandsanteil an der Miterbengemeinschaft ist. Die übrigen Gesamthänder müssen sich die Zustimmungspflicht durch einen nicht an der Gesamthand beteiligten Dritten nicht entgegenhalten lassen. Das bedeutet weiter, dass bei derartigen Grundstücken ein Nacherbenvermerk nicht eingetragen wird. Geschieht dies doch, ist das Grundbuch unrichtig. Der Erlös aus der Auseinandersetzung ist Surrogat gem. § 2111 BGB.
b) Kündigung und Einziehung von Grundpfandrechten
Rz. 33
§ 2114 BGB normiert als Ausnahmevorschrift zu § 2113 BGB die Kündigung und Einziehung des Kapitals bei Grundpfandrechten. Zu diesen Verfügungen über ein Grundstücksrecht ist eine Zustimmung des Nacherben nicht erforderlich. Das Einziehungsrecht ist jedoch zum Schutz des Nacherben eingeschränkt. Es kann vom Vorerben nur so ausgeübt werden, dass das eingezogene Kapital für den Vor- und Nacherben zur gemeinsamen Verfügung hinterlegt wird. Auszahlung an den Vorerben selbst kann nur nach Beibringen der Einwilligung des Nacherben vorgenommen werden.
c) Verfügung über Geldvermögen
Rz. 34
Bei Geldvermögen, das vom Vorerben verwaltet wird, ist zunächst zu unterscheiden zwischen Geld, das für die laufende Verwaltung benötigt wird, und Geld, das "dauernd anzulegen" ist. Liquide Mittel können auch größere Geldbeträge sein, wenn z.B. die Liquidität einer Firma erhalten werden muss. Im Einzelfall hat hier eine Klärung zu erfolgen, die sich in Anlehnung an eine alte RG-Entscheidung nach objektiven wirtschaftlichen Kriterien zu richten hat. Mündelsicher sind Anlagen nach § 1807 Abs. 1 BGB (sichere Grundpfandrechte an inländischen Grundstücken; Schuldverschreibungen des Bundes und der Länder, nach Genehmigung auch von kommunalen Körperschaften; Wertpapiere, die von der Bundesregierung als mündelsicher eingestuft werden, z.B. Sparkassenbriefe). Darüber hinaus sind in den Bundesländern gem. Art. 212 EGBGB die jeweiligen Anlagen zu berücksichtigen.
Rz. 35
Die Verpflichtung, dauernde Anlagen mündelsicher vorzunehmen, ist gesetzlich vorgegeben; einer besonderen Aufforderung des Nacherben bedarf es nicht. Eine andere Art der Anlage und damit andere Verfügung über den Geldbetrag ist dem Vorerben nicht gestattet.
Rz. 36
Nach § 2136 BGB kann der Erblasser den Vorerben in seiner letztwilligen Verfügung von den o.g. Beschränkungen befreien. § 2137 BGB gibt in seiner Auslegungsregel für die Befreiung zwei "Formulierungsvorschläge". Die Befreiung von allen in § 2136 BGB bezeichneten Beschränkungen und Verpflichtungen gilt im Zweifel als angeordnet, wenn der Vorerbe zur "freien Verfügung über die Erbschaft" berechtigt sein soll oder der Nacherbe auf dasjenige eingesetzt wird, was "bei dem Eintritt der Nacherbfolge übrig sein wird". Selbstverständlich ist der Erblasser befugt, die Befreiung von einzelnen Beschränkungen, so z.B. bzgl. Grundstücksverfügungen, anzuordnen.