a) Surrogation (§ 2111 BGB)
Rz. 157
Im Bereich der Surrogation im Gesellschaftsrecht entstehen verschiedene Fragen. So fällt z.B. bei einer Kapitalerhöhung zunächst das Bezugsrecht als Bestandteil des "alten Gesellschaftsanteils" in den Nachlass. Wird die Anteilsvergrößerung jedoch aus freien Mitteln des Vorerben oder aus den im Rahmen seiner Nutzungsrechte erzielten Einnahmen finanziert, so entsteht an dem erhöhten Anteil eine Bruchteilsgemeinschaft, bestehend aus einer Person, die gleichzeitig unabhängig und durch die Vorerbschaft belastet ist.
Rz. 158
Streitig war lange Zeit, ob im Gegensatz zu frei handel- und vererbbaren Beteiligungen (Aktienkauf, GmbH-Anteile: § 15 GmbHG) Anteile an Personengesellschaften, insbesondere Kommanditanteile, die der Vorerbe mit Mitteln des Nachlasses erwirbt, kraft Surrogation in den Nachlass fallen können. Dies hat der BGH – klarstellend – bejaht. Hieraus ergeben sich dann Fragen der "Nachfolgefähigkeit", soweit der Gesellschaftsvertrag eine qualifizierte Nachfolgeklausel enthält. Jedenfalls steht der Abfindungsanspruch bei Ausscheiden/Unmöglichkeit der Übernahme des/durch den Nacherben dann dem Nacherben zu. Ob sich das Einbringen von Nachlassmitteln in eine derartige Gesellschaft noch als ordnungsgemäße Verwaltung klassifizieren lässt, kann bezweifelt werden. Stellt sich beim Nacherbfall heraus, dass dies nicht der Fall war, steht dem Nacherben der Anspruch nach §§ 2130, 2131 BGB gegen den nicht befreiten Vorerben zu.
b) Nutzungen
Rz. 159
Bei den Nutzungen ist erneut zwischen Einzelunternehmen, Personen- und Kapitalgesellschaften zu unterscheiden.
Rz. 160
Beim Einzelunternehmen bestehen die Nutzungen im Netto-Reingewinn. Die Ermittlung dieses Gewinns kann sich nur aus der jeweiligen Jahresbilanz ergeben. Da jedoch sowohl die Handelsbilanz als auch die Steuerbilanz mit ihren Abschreibungsmöglichkeiten nicht geeignet sind, den Reingewinn vollständig auszuweisen, ist eine "bereinigte" Bilanz zu erstellen. Der Erblasser kann selbst in der letztwilligen Verfügung die Nutzungsrechte näher ausgestalten.
Rz. 161
Bei Personengesellschaften steht dem Vorerben zum einen das Recht auf Entnahme des 4 %-Kapitalanteils pro Jahr nach § 122 HGB zu, zum anderen die durch Ertragslage und Gesellschafterbeschlüsse gewährten jährlichen Gewinnausschüttungen. Problematisch sind Fragen, die sich aus der Rücklagenbildung von Gewinnen ergeben. Es wird vertreten, dass die bis zum Nacherbfall aufgelaufenen Rücklagen, die nicht "kaufmännisch geboten" sind, dem Vorerben zustehen. Nur die kaufmännisch gebotenen Rücklagen seien Erhaltungskosten nach § 2124 Abs. 1 BGB und träfen damit den Vorerben. Diese Auffassung steht im Gegensatz zur BGH-Rechtsprechung von 1980/1981, die immer noch grundlegend für die rechtliche Bewertung von Maßnahmen des Vorerben bei Personengesellschaften ist. Wobei die Kommentarliteratur zu oft recht leichtfertig über §§ 2286, 2287 BGB hinweggeht, die in vielen Aufsätzen nicht einmal Erwähnung finden. Die Meinung, dass die Ehegatten bis zum Eintritt der Bedingung von allen Beschränkungen, also auch von § 2311 Abs. 2 BGB, befreit sein sollen, ist mit der h.M. abzulehnen. Zu bedenken ist nur, dass die Wiederverheiratungsklausel sowohl im Erbschein ausgewiesen als auch mit entsprechendem Vermerk im Grundbuch festgehalten werden muss.
Was hier für die Realisierung stiller Reserven insgesamt klargestellt wurde, gilt wohl auch für die Rücklagen aus Gewinnen. Der Vorerbe ist daher nach der BGH-Rechtsprechung so zu behandeln, dass er bei entsprechenden Gesellschafterbeschlüssen keine Nutzungen ziehen kann und somit leer ausgeht.
Rz. 162
Bei Kapitalgesellschaften sind zwei Dinge zu beachten. Zunächst gilt das "Für-Prinzip": Ausschüttungen auf aus vorangegangenen Jahren vorgetragenen Gewinnen, die in der Zeit der Vorerbschaft erwirtschaftet wurden, stehen auch nach dem Nacherbfall dem Vorerben zu. Zu beachten ist weiter, dass bei Auflösung von Rücklagen und Ausschüttungen an die Gesellschafter beachtet werden muss, in welcher Zeit die entsprechende Rücklage gebildet wurde. Wurde sie noch zu Lebzeiten des Erblassers gebildet, fällt deren Ausschüttung als Nachlasssubstanz in den Nachlass des Erblassers und steht mit dem Nacherbfall dem Nacherben zu.