1. Explizite Anordnung
Rz. 24
Aus den §§ 2103–2106 BGB ergibt sich, dass der Erblasser über die Bestimmung des Zeitpunkts oder des Ereignisses, zu dem der Nacherbe das vererbte Vermögen vom Vorerben übernimmt, frei ist. Ordnet er keinen Zeitpunkt an, gilt nach § 2106 Abs. 1 BGB, dass der Nacherbfall mit dem Tod des Vorerben eintritt. Zeitlich ist er an die Grenzen des § 2109 BGB gebunden, sodass eine Weitergabe des Vermögens ad infinitum nicht möglich ist. Er darf auch die Wahl des Zeitpunkts oder des Ereignisses nicht Dritten überlassen (§ 2065 BGB).
2. Erbeneinsetzung unter Bedingung und Befristung (§§ 2074, 2075, 2104 BGB)
Rz. 25
Das BayObLG nahm anlässlich eines Falles die Gelegenheit, Amts- und Landgericht darauf hinzuweisen, dass eine auflösende Bedingung gem. § 2075 BGB zwingend die Vor- und Nacherbfolge bedeutet.
Fall
Der Entscheidung des BayObLG lag ein Testament zugrunde, in dem die Bedachte A das Eigentum an einem Grundstück erhalten sollte, das den wesentlichen Teil des Vermögens darstellte. Die Übertragung stellte die Erblasserin jedoch unter die "Bedingung", dass A das Anwohnen "benutzt", "bewirtschaftet" und ein beim Erbfall vorhandenes Haustier "versorgt". Wenn sie dies nicht erfülle, solle das Grundstück verkauft und der Erlös unter drei Personen, darunter die Bedachte, aufgeteilt werden.
AG und LG wollten auf Antrag der Bedachten einen Alleinerbschein ohne Nacherbenvermerk ausstellen. Übersehen hatten beide Instanzen, dass A bis zu ihrem Tod auflösend bedingte Vollerbin und damit automatisch aufschiebend bedingte Vorerbin sowie gemeinsam mit den anderen beiden Personen auflösend bedingte Nacherbin wurde. Erst mit der berühmten Todessekunde wird sicher sein, ob A endgültig Vollerbin wurde. Der Erbschein zugunsten A muss nach § 352b Abs. 1 FamFG den Nacherbenvermerk in der dort ausgeführten Eindeutigkeit enthalten. Wird der Erbschein nicht in dieser Form von A beantragt, ist der Antrag zurückzuweisen.
Rz. 26
Die zwingende rechtssystematische Folge einer Erbeinsetzung unter auflösender Bedingung ist die Einsetzung von Vor- und Nacherben. Die Unsicherheit bei der Fassbarkeit dieses Instituts zeigt sich jedoch auch, wenn es darum geht, dem Ehegatten hier wenigstens die Stellung des befreiten Vorerben zuzubilligen; Lange/Kuchinke sehen in § 2105 Abs. 1 BGB eine "gesetzliche Vorerbschaft", korrigieren sich jedoch unmittelbar im Anschluss dahingehend, dass es "trotz des Gesetzeswortlauts besser" sei, beide Vorschriften als "Auslegungsregeln" anzusehen. Dieses Kunstgriffs bedarf es nicht. Schwierigkeiten ergeben sich zwangsläufig aus der Tatsache, dass der Erblasser, der Bedingungen in sein Testament aufnimmt, sich über die Person des oder der Nacherben ausschweigt. Aufgabe der Testamentsauslegung ist dann die Lösung der Frage, ob die Anordnung des Erblassers lediglich ein Wunsch war oder ob dem Erben, der sich der Anordnung widersetzt, das Erbe rückwirkend entzogen werden soll (§ 2075 BGB).