1. Allgemeines
Rz. 90
Neben der Feuergefahr dient die Wohngebäudeversicherung der Absicherung bestimmter und abschließend genannter Elementargefahren. Lange Zeit wurde diskutiert, ob der Kreis der versicherten Gefahren
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Blitz, |
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Frost, |
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Sturm und |
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Hagel |
um weitere Elementargefahren im Sinne einer "Allgefahrenversicherung" erweitert werden sollte.
Rz. 91
Erstmalig wählte die Versicherungswirtschaft in den VGB 2010 den Weg, die weiteren Elementargefahren
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Überschwemmung, |
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Erdbeben, |
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Erdrutsch/Erdsenkung sowie |
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Schneedruck und Lawinen |
in die Bedingungen mit aufzunehmen und den Deckungsschutz entsprechend zu erweitern.
2. Versicherte Gefahren
Rz. 92
Die VGB 2010 bieten jetzt Versicherungsschutz für Schäden durch Überschwemmung, Erdbeben, Erdsenkung, Erdrutsch, Schneedruck oder Lawinen.
a) Erdbeben
Rz. 93
Gemäß A § 4 Ziff. 1 cc VGB 2010 leistet der Versicherer Entschädigung für versicherte Sachen, die durch Erdbeben zerstört, beschädigt oder abhandengekommen sind. Bei einem Erdbeben handelt es sich um eine naturbedingte Erschütterung des Erdbodens, die durch geophysikalische Vorgänge im Erdinnern ausgelöst wird (A § 4 Ziff. 3 c VGB 2010).
Rz. 94
Zum Nachweis des Vorliegens eines Erdbebens kommen dem Versicherungsnehmer gem. A § 4 Ziff. 3 c VGB 2010 Beweiserleichterungen zugute. Danach wird ein Erdbeben unterstellt, wenn der Versicherungsnehmer (die Beispiele sind alternativ) nachweist, dass die naturbedingte Erschütterung des Erdbodens entweder in der Umgebung des Versicherungsgrundstücks Schäden an Gebäuden in einwandfreiem Zustand oder an ebenso widerstandsfähigen anderen Sachen angerichtet hat oder der Schaden wegen des einwandfreien Zustands der versicherten Sachen nur durch ein Erdbeben entstanden sein kann.
b) Erdsenkung
Rz. 95
Gemäß A § 4 Ziff. 3 d VGB 2010 ist Erdsenkung eine naturbedingte Absenkung des Erdbodens über natürlichen Hohlräumen. Vom Versicherungsschutz nicht mit umfasst werden deshalb Erdsenkungen, die durch bergbaubedingte unterirdische Hohlräume verursacht werden. Das Absenken des Erdbodens ist nicht naturbedingt, wenn es beispielsweise durch eine Sprengung verursacht wird. Eine Absenkung des Bodenuntergrundes infolge von natürlicher Austrocknung ist kein "Erdfall" im Sinne der Klausel.
c) Erdrutsch
Rz. 96
Gemäß A § 4 Ziff. 3 e VGB 2010 ist Erdrutsch ein naturbedingtes Abgleiten oder Abstürzen von Gesteins- oder Erdmassen. Ebenso wie eine Erdsenkung darf auch ein Erdrutsch nicht durch menschliches Eingreifen wie beispielsweise Baumaßnahmen oder Bauarbeiten verursacht worden sein.
d) Überschwemmung
Rz. 97
Gemäß A § 4 Ziff. 3 a VGB 2010 ist eine Überschwemmung eine Überflutung des Grundes und des Bodens, auf dem das versicherte Gebäude liegt (Versicherungsgrundstück). Eine Überflutung von Grund und Boden liegt vor, wenn sich auf der Geländeoberfläche erhebliche Wassermengen ansammeln.
Rz. 98
Die Überschwemmung kann alternativ durch Ausuferung von oberirdischen Gewässern oder durch Witterungsniederschläge verursacht werden. Praktisch erfolgt dies in der Regel dadurch, dass die Gewässer über ihre Ufer treten. Worauf dies letztlich zurückzuführen ist, spielt dabei keine Rolle.
Rz. 99
Für den Begriff der Überschwemmung ist hingegen nicht entscheidend, dass Wasser über die Erdoberfläche hinaustritt und nicht mehr erdgebunden in das Gebäude eindringt. Soweit die Auffassung vertreten wird, ein Schaden sei nicht versichert, der durch eine Anreicherung des Erdbodens mit Wasser bis zur Sättigungsgrenze verursacht wurde, vermag dies nicht zu überzeugen. Anders als beispielsweise Sturm- oder Hagelschäden erfordern Überschwemmungsschäden keine unmittelbare Einwirkung auf die versicherte Sache. Folglich kann ein Überschwemmungsschaden auch durch erdgebundenes Wasser verursacht werden. Dies ist etwa dann der Fall, wenn Wasser über die Ufer eines Gewässers tritt, der Schaden am versicherten Gebäude jedoch nicht durch Oberflächenwasser, sondern durch erdgebundenes Wasser verursacht wurde. Eine Überflutung des Kellers aufgrund eines Anstiegs des Grundwassers reicht hingegen für die Annahme einer Überschwemmung noch nicht aus. Daher liegt eine Überschwemmung auch nicht vor, wenn nur in den Keller Wasser eingedrungen ist, ohne sich auch auf dem das Gebäude umgebenden Gelände anzusammeln. Ebenso wenig ist das Aufstauen von Niederschlagswasser in einem Lichtschacht infolge dessen unzureichender Entwässerung eine Überschwemmung. Es handelt sich dabei vielmehr um das Ergebnis einer unzureichenden Errichtung bzw. Unterhaltung des Gebäudes. Sammeln sich Schneemassen auf dem Dach, ist das eindringende Tauwasser ebenfalls keine bedingungsgemäße Überschwemmung. Demgegenüber können angestaute Regenfälle und Schneereste eine Überschwemmung darstellen, wenn sie durch die Kelleraußentüre eindringen.
Rz. 100
Ein nach A § 4 Ziff. 3 b VGB 2010 versicherter Rückstau liegt vor, wenn Wasser durch Ausuferung von oberirdischen (stehenden oder fließe...