Dr. Lars Damke, Dr. Martin van Bühren
1. Allgemeines
Rz. 150
Unter dem Begriff "Entschädigungsberechnung" werden in A § 13 VGB 2010, A 17 VGB 2022 (§ 15 VGB 88) die Grundsätze dargestellt, nach denen der Umfang des Schadens ermittelt wird und dieser unter Berücksichtigung der getroffenen vertraglichen Vereinbarung vom Versicherer zu entschädigen ist.
Rz. 151
Wegen der in A § 13 VGB 2010, A 17 VGB 2022 (§ 15 Nr. 1 VGB 88) geregelten Grundsätze zu den Begriffen
▪ |
Totalschaden, |
▪ |
Teilschaden (Reparaturschaden), |
▪ |
Wertminderung, |
▪ |
Werterhöhung, |
▪ |
Restwerte |
wird auf die dahingehenden Ausführungen in der Feuerversicherung (siehe § 5 Rdn 204 ff.) verwiesen.
2. Mehrkosten
Rz. 152
Gemäß A § 10 Nr. 1 a aa VGB 2010, A 13.1.1.1 und 13.1.1.2 VGB 2022 werden die durch Preissteigerungen zwischen dem Eintritt des Versicherungsfalles und der Wiederherstellung verursachten notwendigen Mehrkosten nicht vom Versicherungsschutz umfasst.
Rz. 153
Gemäß A § 13 Nr. 1 b VGB 2010, A 13.1.1.2 ff. VGB 2022 (§ 15 Nr. 3 VGB 88) werden die notwendigen Mehrkosten ersetzt, die durch behördliche Auflagen verursacht werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die behördlichen Auflagen auf Gesetzen und/oder Verordnungen basieren, die bereits vor dem Eintritt des Versicherungsfalles erlassen wurden.
Die Regelung besitzt insbesondere bei der Renovierung älterer Wohngebäude mit veralteten elektrischen Anlagen und sanitären Versorgungsleitungen praktische Bedeutung. In derartigen Gebäuden scheitert eine Wiederherstellung des Zustands vor dem Schadenfall in der Regel an behördlichen Auflagen über die Verkehrssicherheit elektrischer Einrichtungen sowie hygienischen Auflagen bezüglich sanitärer und sonstiger Leitungen.
Rz. 154
Gemäß A § 13 Nr. 1 b bb VGB 2010, A 13.1.1.2 VGB 2022 sind Mehrkosten nicht versichert, die dadurch entstehen, dass wieder verwertbare Reste der versicherten und vom Schaden betroffenen Sachen infolge behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen nicht mehr verwertet werden dürfen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein historisches Gebäude über ein Fundament verfügt, das im Rahmen des Wiederaufbaus wegen statischer Bedenken nicht mehr verwendet werden darf, aber auch etwa bei heute nicht mehr zugelassenen Asbestzementplatten usw. Versicherungsschutz besteht aber dann, wenn die Mehrkosten als Technologiefortschritt im Versicherungswert zu berücksichtigen sind (A § 13 Nr. 1 b bb letzter Hs. VGB 2010, A 13.1.1.2 VGB 2022).
Rz. 155
Werden Mehrkosten dadurch verursacht, dass die Wiederherstellung der versicherten und vom Schaden betroffenen Sache aufgrund behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen nur an anderer Stelle erfolgen darf, sind diese Kosten vom Versicherer nur in dem Umfang zu ersetzen, in dem sie auch bei Wiederherstellung an bisheriger Stelle entstanden wären.
3. Unterversicherung/Überversicherung
Rz. 156
Die Grundsätze zur Unterversicherung werden in der Wohngebäudeversicherung in A § 11 Nr. 2 VGB 2010, A 14.2 VGB 2022 (§ 16 Abs. 1 VGB 88) geregelt. Sie entsprechen den Ausführungen zur Feuerversicherung (siehe § 5 Rdn 224 ff.), auf die verwiesen wird.
4. Wiederherstellungsklausel
Rz. 157
Für die Wohngebäudeversicherung gilt nach A § 13 Nr. 7 VGB 2010, A 17.6 VGB 2022 (§ 15 Abs. 4 VGB 88) ebenso wie die Feuerversicherung in § 11 Nr. 5 AFB eine sog. Wiederherstellungsklausel. Danach erwirbt der Versicherungsnehmer den Neuwertanteil an der Entschädigung, soweit er den Zeitwertschaden übersteigt, nur dann, wenn er innerhalb von drei Jahren nach dem Eintritt des Versicherungsfalles sichergestellt hat, dass er die Entschädigung verwenden wird, um versicherte Sachen gleicher Art und Zweckbestimmung wiederherzustellen bzw. wiederzubeschaffen. Zweck der Wiederherstellungsklausel ist zum einen, die Bereicherung des Versicherungsnehmers auf die ungeplanten, durch den Versicherungsfall aufgezwungenen Ausgaben zu begrenzen. Zum anderen dient die Klausel der Begrenzung des subjektiven Risikos des Versicherers, das sich darin begründet, dass ein Versicherungsnehmer versucht sein könnte, zur Teilfinanzierung seines Neubauvorhabens den Versicherungsfall vorsätzlich herbeizuführen. Wird ein völlig anderes Gebäude mit einer veränderten Nutzungsmöglichkeit wieder errichtet, so wird nur der Zeitwertschaden ersetzt. Soweit an der bisherigen Stelle eine Neuerrichtung rechtlich nicht möglich oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist, genügt es, wenn das Gebäude an anderer Stelle innerhalb der Bundesrepublik Deutschland wieder hergestellt wird. Der Erwerb einer gebrauchten Immobilie ist auch dann nicht ausreichend, wenn die Wiederherstellung des abgebrannten Gebäudes aus planungs- oder umweltschutzrechtlichen Gründen untersagt ist.
Rz. 158
Dabei gilt die sog. strenge Wiederherstellungsklausel: Der Versicherungsnehmer kann die Entschädigungsleistung unter Einschluss der Neuwertspanne nur verlangen, soweit deren Verwendung zur Wiederherstellung des Gebäudes sichergestellt ist. Die Vorlage von Kostenvoransch...