Dr. Lars Damke, Dr. Martin van Bühren
1. Arglistige Täuschung
Rz. 187
Die Einzelheiten hierzu werden in der Wohngebäudeversicherung in B § 16 Nr. 2 VGB 2010 (§ 21 VGB 88) geregelt.
Rz. 188
Danach ist der Versicherer von seiner Entschädigungspflicht frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherer arglistig über Tatsachen, die für den Grund oder die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind, täuscht. Ausreichend ist der bloße Versuch der Täuschung (B § 16 Nr. 2 letzter Hs. VGB 2010). Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Versicherungsnehmer nach einem Leitungswasserschaden in einem unbewohnten Gebäude auf Rückfrage des Versicherers ein unzutreffendes Datum über den letzten Besuch in dem Gebäude angibt. Eine arglistige Täuschung ist auch dann anzunehmen, wenn der Versicherungsnehmer nach einem Leitungswasserschaden einen nachträglich gefertigten und rückdatierten Arbeitsbericht vorlegt, in dem, anders als in dem ursprünglichen Arbeitsbericht, kein Bezug zu einer möglichen Schadenursache (hier Frost) ersichtlich ist. Werden vom Versicherungsnehmer bei der Regulierung eines Leitungswasserschadens Rechnungen vorgelegt, deren Positionen teilweise nicht ursächlich auf den Wasserschaden zurückzuführen sind, ist der Gebäudeversicherer gem. B § 16 Nr. 2 VGB 2010 von einer etwaigen Leistungspflicht befreit. Eine zur Leistungsfreiheit führende arglistige Täuschung stellt auch die Vorlage von Rechnungen dar, deren abgerechnete Arbeiten zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung noch nicht abgeschlossen waren. Die Geltendmachung der Leistungsfreiheit kann sich aber als unzulässige Rechtsausübung darstellen, wenn die arglistige Täuschung sich nur auf einen geringen Teil des versicherten Schadens bezieht. Die Verwirkung des Leistungsanspruchs infolge einer vom Versicherungsnehmer versuchten oder vollendeten arglistigen Täuschung greift nicht ein bei Angaben, die der Versicherungsnehmer erst nach der Leistungsablehnung des Versicherers gemacht hat. Der Versicherer kann sich auch dann auf Leistungsfreiheit wegen arglistiger Täuschung berufen, wenn er seine Versicherungsbedingungen nicht auf die geänderten Regelungen des Versicherungsvertragsgesetzes umgestellt hat.
Rz. 189
Für die Annahme einer arglistigen Täuschung reicht es hingegen nicht aus, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherer über die Qualifikation von ausgetretenem Leitungswasser zu täuschen versucht, wenn es hierauf für die Eintrittspflicht des Versicherers nicht ankommt. Ebenso wenig reicht eine bloße Verdachtsäußerung des Versicherungsnehmers über mögliche Schadenursachen aus.
2. Grob fahrlässige oder vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalles
Rz. 190
Der in § 81 Abs. 1 VVG für die Schadensversicherung normierte Grundsatz, dass der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei ist, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich herbeiführt, wird in den VGB 2010 in B § 16 Nr. 1 a VGB 2010 näher ausgeführt. Der erste Absatz der Klausel hat lediglich deklaratorische Bedeutung, da er lediglich der Text des § 81 Abs. 1 VVG wiederholt. Der zweite Absatz enthält eine unwiderlegliche Vermutung zur vorsätzlichen Schadenherbeiführung. Der Versicherer ist für eine von ihm behauptete vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls in vollem Umfang beweispflichtig, ohne dass ihm hierfür Beweiserleichterungen zugutekämen. Dem Versicherer ist aber die Beweisführung durch Indizien eröffnet. Ist die Schadenverursachung durch ein rechtskräftiges strafgerichtliches Urteil festgestellt, so gilt die vorsätzliche Schadensherbeiführung als bewiesen.
Rz. 191
Hat der Versicherer seine Bedingungen nicht an die Neuregelung des VVG vom 23.11.2007 entsprechend angepasst, so kann er sich bei einer grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung nicht auf sein Recht zur Leistungskürzung nach § 28 Abs. 2 S. 2 VVG berufen. § 11 Nr. 2 S. 1–3 VGB 88 weicht entgegen § 32 S. 1 VVG zum Nachteil des Versicherungsnehmers von den gesetzlichen Regelungen ab. Die Klausel nimmt Bezug auf die Kündigung und die Leistungsfreiheit in § 6 VVG a.F., wonach eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung die vollständige Leistungsfreiheit des Versicherers zur Folge haben kann. Diese Abweichung von den gesetzlichen Regelungen zum Nachteil des Versicherungsnehmers führt zur Unwirksamkeit der Regelung nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Sie stellt eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar, da die Leistungsfreihe...