Rz. 63

Nach der am 1.7.2002 in Kraft getretenen Änderung der Zustellungsvorschriften der ZPO wird ein Zustellungsmangel dann geheilt, wenn das Schriftstück der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gem. gerichtet war, oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugeht (§ 37 Abs. 1 StPO i.V.m. § 189 ZPO). Als zugestellt gilt das Schriftstück dann in dem Zeitpunkt, in dem es dem Zustelladressaten tatsächlich zugegangen ist, d.h. in dem er es nachweisbar erhalten hat (BGH NJW 1984, 926).

Anders als bei der früheren Rechtslage (§ 187 Abs. 2 ZPO a.F.) kann somit durch den tatsächlichen Zugang eine fehlerhafte Zustellung selbst dann geheilt werden, wenn der Lauf einer Not- bzw. Rechtsmittelfrist von der Zustellung abhängig ist.[2] Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollen ohne jede Differenzierung Fehler der Zustellung immer dann unbeachtlich sein, wenn feststeht, dass das zuzustellende Schriftstück dem Adressaten tatsächlich auch zugegangen ist.

 

Rz. 64

 

Achtung: Kenntnis genügt nicht

Voraussetzung für die Heilung ist, dass das Schriftstück selbst zugegangen ist, es genügt weder der Zugang einer Kopie noch die Kenntnis des Inhalts (BGH NJW 1984, 926; BGHZ 100, 234; OLG Hamm MDR 1992, 78; OLG Zweibrücken zfs 2016, 172).

Zu beachten ist, dass nur Zustellungsmängel selbst und nicht auch Mängel des Schriftstückes geheilt werden können.[3]

 

Rz. 65

 

Achtung: An den Anwalt bewirkte Zustellung für den Mandanten

Zwar wird ein Zustellungsmangel im Strafverfahren nicht nur durch den Zugang des Schriftstückes beim Adressaten selbst geheilt, sondern auch durch Zugang bei dem, dem nach dem Gesetz hätte zugestellt werden können (§ 37 StPO, § 189 ZPO). Damit soll aber lediglich sichergestellt werden, dass eine an und für sich an den Vertreter zulässige, aber unwirksam vorgenommene Zustellung geheilt werden kann. Befand sich dagegen im Zeitpunkt der Zustellung die Verteidigervollmacht nicht bei den Akten, ist die an ihn bewirkte Zustellung unwirksam und kann auch nicht durch den Eingang des Schriftstückes bei ihm geheilt werden, denn die Zustellung an ihn war in diesem Fall gesetzlich nicht zulässig. Ebenso wenig kann eine gesetzliche Zustellung in Form einer persönlichen Übergabe in eine wirksame Ersatzzustellung umgedeutet werden (OLG Düsseldorf VRS 87, 441).

[2] Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 37 Rn 28.
[3] Zöller, 29. Aufl. § 189 ZPO Rn 8.

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