1. Zustellung durch Gericht oder Staatsanwaltschaft

 

Rz. 15

Zugestellt wird eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift des Schriftstückes.

Die Zustellung erfolgt auf Anordnung des Vorsitzenden und wird von der Geschäftsstelle ausgeführt. Allerdings ist die Anordnung des Vorsitzenden aktenkundig zu machen, andernfalls ist die Zustellung unwirksam (BGH NStZ 1986, 230).

 

Rz. 16

 

Tipp: Mängel der Ausfertigung

Die Zustellung ist auch dann unwirksam, wenn die zugestellten Ausfertigungen gravierende Mängel aufweisen (OLG Düsseldorf NStZ 2002, 448). Vernachlässigenswert können Mängel der Ausfertigungen nur dann sein, wenn insgesamt der Inhalt des zuzustellenden Schriftstückes für den Empfänger (noch) verständlich ist (BGH StraFo 2004, 238).

 

Rz. 17

Der Vorsitzende braucht die Art der Zustellung nicht eigens anzuordnen. Darüber entscheidet i.d.R. der Urkundsbeamte selbst. Hat der Vorsitzende allerdings eine bestimmte Zustellungsart angeordnet, ist die Geschäftsstelle hieran gebunden. Ein eigenmächtiges Abweichen führt dann zur Unwirksamkeit der Zustellung.[1]

 

Rz. 18

Wirksam ist eine Zustellung in jedem Fall nur dann, wenn der Richter sie verfügt hat. So ist z.B. eine Urteilszustellung, die die Geschäftsstelle ohne ausdrückliche Verfügung des Richters ausgeführt hat, unwirksam (OLG Stuttgart zfs 1996, 434).

 

Rz. 19

 

Achtung: Urteilszustellung vor Protokollfertigstellung

Wird ein Urteil zugestellt, bevor das Protokoll fertig gestellt ist, ist die Zustellung unwirksam (§ 273 Abs. 4 StPO).

 

Rz. 20

Eine Entscheidung, die erst noch vollstreckt werden muss, wird dagegen grundsätzlich von der Staatsanwaltschaft zugestellt.

 

Rz. 21

 

Achtung: Zustellung eines Entziehungsbeschlusses

Ein Entziehungsbeschluss nach § 111a StPO oder eine entsprechende Beschwerdeentscheidung wird erst mit der Bekanntgabe an den Beschuldigten und nicht schon mit der Zustellung an den Verteidiger wirksam (BGH NJW 1962, 2104).

Der Verteidiger ist schon im Hinblick auf die Benachrichtigungspflicht der Behörde nicht verpflichtet, seinen Mandanten über die erfolgte Zustellung in Kenntnis zu setzen (zumal keine Rechtsmittelfrist läuft).

[1] Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 36 Rn 6, 8.

2. Ladung durch die Verteidigung - Zustellung über den Gerichtsvollzieher

 

Rz. 22

 

Tipp

Auch die Verteidigung hat das Recht, Zeugen und Sachverständige unmittelbar zu laden (§ 220 StPO). Mit der Zustellung der Ladung ist der Gerichtsvollzieher zu beauftragen (§ 38 StPO). Wirksam geladen ist der Sachverständige jedoch nur dann, wenn ihm gleichzeitig mit der Ladung die voraussichtlich entstehenden Kosten und Gebühren angeboten werden (zu Einzelheiten siehe § 49 Rdn 24-33).

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