Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 17
Die bei Unfällen von Beamten entstehenden wechselseitigen Rechtsbeziehungen unter den Beteiligten haben seit jeher zu erheblichen rechtlichen Zweifelsfragen geführt. Insbesondere war die Auswirkung der für den Beamten (bzw. seine Hinterbliebenen) in § 46 BeamtVG normierten Begrenzung der Unfallfürsorgeansprüche auf das Fortbestehen der zivilrechtlichen Ansprüche selbst streitig: Verneinendenfalls käme es nicht zu einem Rückgriff nach Maßgabe von § 76 BBG.
Rz. 18
Indessen nehmen die beamtenrechtlichen Vorschriften in den §§ 30 ff. BeamtVG zwar dem verletzten Beamten die Möglichkeit der Geltendmachung weitergehender Ansprüche. Sie schließen aber nicht die Inanspruchnahme des Schädigers durch den Dienstherrn im Wege des Regresses aus. Dies hat der Bundesgerichtshof nunmehr auch für die Rechtslage nach Inkrafttreten der Dienstrechtsreform entschieden.
Rz. 19
Bereits in seiner Entscheidung zu § 124 Abs. 2 DBG (a.F.), der Vorgängervorschrift zu § 46 BeamtVG, hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die den § 124 DBG beherrschende Wechselwirkung zwischen Beschränkung der allgemeinen Ansprüche und Gewährung der Unfallfürsorge nur verlange, dass der Beamte gegen eine öffentliche Verwaltung und deren Bedienstete in der Ausübung der ihm neben den Ansprüchen aus Unfallfürsorge zustehenden allgemeinen gesetzlichen Ansprüche beschränkt werde, nicht aber die Behörde, auf die diese Ansprüche übergingen. Insoweit verlange die Interessenlage geradezu, dass der Dienstherr diese Ansprüche auch gegen eine andere öffentliche Verwaltung geltend machen könne. Daran hat der Bundesgerichtshof in seiner nachfolgenden Rechtsprechung festgehalten: Die einschlägigen Bestimmungen (§ 124 DBG, § 46 BeamtVG, § 91a SVG) haben danach "den Zweck, die dem Beamten zustehenden Ansprüche auf Unfallfürsorge zu umreißen, nicht aber Regelungen darüber zu treffen, ob und von wem dem Dienstherrn die Aufwendungen für die Unfallfürsorge zu erstatten" sind.
Rz. 20
Mithin galt nach der Rechtslage vor Inkrafttreten der Dienstrechtsneuordnung, dass zivilrechtliche Schadensersatzansprüche vielmehr dem Grunde nach bestehen blieben und deshalb zum Zweck des Rückgriffs auf den Dienstherrn (§ 76 BBG) oder einen Sozialversicherungsträger (§ 116 SGB X) übergehen konnten. Dies hat der Bundesgerichtshof in Bezug auf § 124 BBG, § 46 BeamtVG und die entsprechenden Vorschriften von Landesbeamtengesetzen sowie zu § 91a SVG, und zwar sowohl für den Regress des Dienstherrn gegen einen öffentlichen als auch für den Rückgriff gegen einen privaten Schädiger, entschieden. Diese Bestimmungen haben hiernach den Zweck, die dem Beamten zustehenden Ansprüche auf Unfallfürsorge zu umreißen, nicht aber Regelungen darüber zu treffen, ob und von wem dem Dienstherrn die Aufwendungen für die Unfallfürsorge zu erstatten sind.
Rz. 21
Nach dem Inkrafttreten des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 5.2.2009 gilt nichts anderes. Der Bundesgerichtshof hat in einer Grundsatzentscheidung nunmehr festgestellt, dass dem Übergang des Schadensersatzanspruchs eines geschädigten Beamten auf den Dienstherrn (§ 76 BBG) § 46 Abs. 2 BeamtVG nicht entgegensteht.
Rz. 22
§ 46 BeamtVG lässt die Ansprüche auch aus anderen Rechtsgründen, insbesondere aus einer Verletzung der Fürsorgepflicht des § 78 BBG, bestehen. Er hat lediglich die Bedeutung, die Ansprüche der Höhe nach auf die Versorgungsleistungen zu beschränken. Er bestimmt ferner den Adressaten der Ansprüche insofern, als der Beamte seine Ansprüche nur gegen seinen eigenen Dienstherrn geltend machen kann. Dem Rechtsgrund nach bleiben aber die Ansprüche aus Versorgungsrecht und die Ansprüche aus Verletzung der Fürsorgepflicht selbstständig nebeneinander bestehen.
Rz. 23
Die Beschränkungen, die dem Beamten hinsichtlich seiner Ansprüche durch § 46 BeamtVG auferlegt werden, setzen eine Wechselwirkung zwischen Anspruchsbeschränkung und Unfallfürsorge voraus. Besteht Unfallfürsorge nicht oder entfällt sie, so kann mangels Anwendbarkeit des § 46 BeamtVG der Beamte seine Ansprüche gegen die eigene Behörde und auch gegen andere Behörden in vollem Umfang geltend machen. Ein solcher Wegfall der Unfallfürsorge kann aus einem Verzicht auf die Unfallfürsorge seitens des Beamten, durch ein Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis, aber auch dann eintreten, wenn der Beamte z.B. infolge zu geringen Dienstalters die Anwartschaft auf das Ruhegehalt noch nicht erlangt hat.