Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 114
Ansprüche der Sozialversicherungsträger im Regressweg aus § 116 SGB X kommen bei Arbeitsunfällen weder gegen die Behörde als Unternehmer noch gegen andere Betriebsangehörige infrage (§§ 104, 105 SGB VII).
Rz. 115
Dementsprechend besteht aber die Regressmöglichkeit der Sozialversicherungsträger nach § 110 SGB VII. Für die Berufsgenossenschaft ist dies mit Rücksicht auf die Personenidentität zwischen der Bundesrepublik und der Bundesausführungsbehörde ohne Bedeutung. Bei den übrigen Gebietskörperschaften ist entsprechend zu prüfen, ob sie selbst Träger der Unfallversicherung sind und daher nicht gegen sich selbst den Regressanspruch geltend machen können. Wohl aber besteht die Möglichkeit des Rückgriffs für die Kranken- und Pflegekassen und die Rentenversicherungsträger.
Rz. 116
Die Sachlage ist anders, wenn auf der Aktiv- oder der Passivseite Mitglieder der Streitkräfte beteiligt sind. Hier ergeben sich folgende Fallkonstellationen:
Rz. 117
Beide Beteiligte sind Mitglieder der Truppe im Sinne des Art. 1 Ziff. 1a) NATO-Truppenstatut. Zu der Truppe gehören nach dem Wortlaut des Art. 1 Ziff. 1a) die Personen, die sich im Zusammenhang mit ihren Dienstobliegenheiten in dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei innerhalb des Gebiets des Nordatlantikpakts befinden.
Rz. 118
Gehören beide Beteiligten zu diesem Personenkreis, so kommen bei Dienstunfällen keine vor den deutschen Gerichten zu verfolgenden Ansprüche infrage. Bei Privatunfällen ist das deutsche Gericht auch für solche Schadensersatzansprüche zuständig. Die Ansprüche können in diesem Fall zwischen den Beteiligten ohne Einschränkung ausgetragen werden. Bei Dienstunfällen gelten die internen beamtenrechtlichen oder militärischen Vorschriften der Streitkräfte. Die Ansprüche müssen regelmäßig in einem innerdienstlichen Verfahren bei den Behörden der Streitkräfte selbst geltend gemacht werden.
Rz. 119
Der Verletzte ist eine Militärperson, der Schädiger deutscher Bediensteter der Streitkräfte. Soweit der deutsche Bedienstete den Vorfall außerdienstlich verschuldet, haftet er nach § 823 BGB, ohne dass die besonderen Bestimmungen des NATO-Truppenstatuts eingreifen. Diese interessieren nur bei der Erfüllung dienstlicher Verpflichtungen des Schädigers.
Rz. 120
Hat der Schädiger den Unfall bei der Erfüllung dienstlicher Verpflichtungen verursacht, muss das verletzte Mitglied der Streitkräfte seine Ansprüche im innerdienstlichen Verfahren bei den Streitkräften geltend machen. Die Möglichkeit der privaten prozessualen Geltendmachung gegen den deutschen Schädiger vor einem deutschen Gericht besteht nicht.
Rz. 121
Der Verletzte ist ein deutscher Bediensteter (Art. 56 Zusatzabkommen), der Schädiger ein Militärangehöriger. Führt der Soldat den Unfall außerhalb einer dienstlichen Verrichtung herbei, so besteht volle Haftung. Das deutsche Gericht ist zuständig.
Rz. 122
Handelt der Soldat im Rahmen einer dienstlichen Verpflichtung, so bestehen gegen ihn persönlich keine Ansprüche. Ansprüche sind vielmehr gegen die Streitkräfte selbst zu richten, die in Prozessstandschaft durch die Bundesrepublik Deutschland (VLA) vertreten werden. Soweit für den Verletzten ein Arbeitsunfall vorliegt, kommt es gemäß §§ 104, 105 SGB VII zum Anspruchsausschluss. Trotz der Prozessstandschaft der Bundesrepublik Deutschland richtet sich der Anspruch materiell-rechtlich gegen den ausländischen Verteidigungsfiskus, der gleichzeitig Unternehmer im Sinne des SGB VII für die deutschen Bediensteten der Streitkräfte ist.
Rz. 123
Liegt ein Privatunfall oder ein Arbeitsunfall bei Teilnahme am allgemeinen Verkehr vor, sind Ansprüche nach Art. VIII des NATO-Truppenvertrages möglich.
Rz. 124
Beide Beteiligte sind deutsche Bedienstete im Sinne des Art. 56 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenvertrag. In diesem Falle entfallen Ansprüche zwischen ihnen aufgrund des § 105 SGB VII, soweit ein Arbeitsunfall vorliegt. Insofern kommen daher auch keine Rückgriffsansprüche der Sozialversicherungsträger in Betracht. Dies gilt aber nur, wenn es sich um den gleichen Betrieb handelt. Gleichheit der Rechtsperson des Unternehmers genügt nicht.
Rz. 125
Soweit aufseiten des Schädigers eine dienstliche Tätigkeit nicht vorliegt bzw. aufseiten des Verletzten kein Arbeitsunfall anzunehmen ist, findet § 105 SGB VII keine Anwendung. In diesen Fällen besteht mithin kein Anspruchsausschluss, sodass die Schadensersatzansprüche wie gegen beliebige Dritte geltend gemacht werden können. Die Sozialversicherungsträger können ebenfalls im Rahmen des § 116 SGB X Regress nehmen. Diese Ansprüche werden durch die Bestimmungen des Art. VIII des NATO-Truppenvertrags nicht berührt. Jedoch besteht die Möglichkeit, anstelle der Inanspruchnahme des Schädigers eine Exgratia-Zahlung gemäß Art. VIII Abs. 6 des NATO-Truppenvertrags zu beantragen. Die Sozialversicherungsträger werden ihrerseits eine solche Exgratia-Zahlung nach der Praxis der Truppenbehörden nicht erwarten können.
Rz. 126
Ansprüche der Sozialversicherungsträger bei Stationierungsschäde...