Rz. 1

Die Funktion und Bedeutung des gerichtlichen Verteilungsverfahrens gem. §§ 872 ff. ZPO erklären sich aus dem Umstand, dass sowohl bewegliche Sachen als auch Forderungen und Rechte nicht nur einmal, sondern mehrfach von verschiedenen Gläubigern unabhängig voneinander gepfändet werden können. Durch die Möglichkeit der Mehrfachpfändung soll sichergestellt werden, dass ein wertvoller Gegenstand des Schuldners nicht durch eine Pfändung wegen einer nur geringwertigen Forderung eines Gläubigers dem Vollstreckungszugriff anderer Gläubiger entzogen wird.

 

Rz. 2

Sofern eine gepfändete Sache bzw. Forderung wertmäßig zur Abdeckung aller Forderungen der die Pfändung betreibenden Gläubiger ausreicht, ergibt sich kein Problem. Anders ist dies aber, wenn der Wert des Gegenstandes zur Befriedigung aller Gläubiger nicht ausreichen sollte. Dann stellt sich die Frage, ob alle Gläubiger zu einem bestimmten Anteil zu befriedigen sind oder ob es eine Rangfolge der Gläubiger bei der Befriedigung gibt mit der Folge, dass ein nachrangiger Gläubiger auch einmal bei der Verwertung eines Gegenstandes überhaupt nichts erhält. Die ZPO geht in § 804 Abs. 3 ZPO bezüglich der Sachpfändung von einer Rangfolge der Gläubiger aus, wonach entsprechend der zeitlichen Folge des Wirksamwerdens der Pfändungen derjenige das bessere Recht hat, der zuerst gepfändet hat.

 

Rz. 3

Diese Rangfolge wird daher der Gerichtsvollzieher, der die Versteigerung des fraglichen Gegenstandes für alle beteiligten Gläubiger durchführt, bei der Verteilung des Erlöses beachten. Sofern allerdings einer der zeitlich nachrangigen Gläubiger dieser beabsichtigten Erlösverteilung widersprechen sollte, etwa mit dem Argument, dass die zeitlich erste Pfändung wegen Verstoßes gegen zwingende gesetzliche Vorschriften gänzlich unwirksam sei, hinterlegt der Gerichtsvollzieher gem. § 827 Abs. 2 ZPO den Versteigerungserlös und zeigt dies dem Vollstreckungsgericht unter Vorlage der Unterlagen an. In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn die Pfändung für mehrere Gläubiger gleichzeitig bewirkt ist, § 827 Abs. 3 ZPO. Das Gericht entscheidet dann im Verteilungsverfahren nach Anhörung der Beteiligten über die Verteilung des Geldes.

 

Rz. 4

Bei einer mehrfachen Forderungspfändung ist der Drittschuldner berechtigt und auf Verlangen eines der pfändenden Gläubiger verpflichtet, unter Anzeige der Sachlage und Aushändigung der Pfändungsbeschlüsse an das Amtsgericht, dessen Beschluss ihm zuerst zugestellt wurde, den Schuldbetrag zu hinterlegen (§ 853 ZPO). Auf diese Weise erhält der Gläubiger Auskünfte über die anderen Gläubiger sowie über das Einkommen des Schuldners. Das Vollstreckungsgericht fordert nach Eingang der Anzeige des Gerichtsvollziehers bzw. Drittschuldners von den Gläubigern binnen zwei Wochen eine exakte Forderungsaufstellung (Kapital, Zinsen, Kosten und sonstige Nebenforderungen) gem. § 873 ZPO und erstellt dann einen Teilungsplan, der in einem vom Vollstreckungsgericht anzuberaumenden Termin mit den zum Erscheinen berechtigten Gläubigern erörtert wird.

 

Rz. 5

Sofern ein Gläubiger dabei der vom Gericht vorgesehenen Verteilung des Geldes widerspricht und die anderen Gläubiger den Widerspruch nicht akzeptieren, wird der Teilungsplan, soweit er vom Widerspruch betroffen ist, nicht ausgeführt.

 

Rz. 6

Der dem Teilungsplan widersprechende Gläubiger muss nunmehr unaufgefordert binnen eines Monats (vom Beginn des Terminstages an berechnet) dem Vollstreckungsgericht nachweisen, dass er Klage gegen die beteiligten (vorrangigen) Gläubiger erhoben habe. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, wird der Teilungsplan nach Fristablauf ohne Rücksicht auf den Widerspruch ausgeführt. Hat er Klage erhoben und dies dem Vollstreckungsgericht nachgewiesen, wartet es das gerichtliche Urteil über den Widerspruch ab. In diesem Urteil wird gem. § 880 ZPO ausgesprochen, an welche(n) Gläubiger das Geld auszuhändigen ist. Entsprechend ordnet das Vollstreckungsgericht dann die Verteilung des Geldes an.

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