Rz. 100

Es gibt kein Sondererbrecht für Stiftungen.[173]

Eine zukünftige Stiftung kann im Rahmen der gesetzlichen Fiktion in § 84 BGB letztwillig bedacht werden.

Unselbstständige Stiftungen können nur wirtschaftlich Erben sein. Rechtlich ist ihr Träger der Erbe.[174]

Nach der bisher wohl herrschenden Auffassung finden sowohl § 29 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ("Erlöschen der Steuer wegen "Weitergabe" innerhalb von 24 Monaten an gemeinnützige Stiftung") als auch § 10b EStG auch auf die unselbstständige Stiftung Anwendung, so dass im Ergebnis bei einer gemeinnützigen unselbstständigen Stiftung regelmäßig keine Erbschaftsteuer anfiele. Allerdings kann das inzwischen aufgrund eines jüngst ergangenen BFH-Urteils nicht mehr als sicher angesehen werden (siehe Rdn 84).

 

Rz. 101

Um eine immer wieder gestellte Frage auch hier zu beantworten: Durch eine Stiftung lassen sich entgegen manchem Vorurteil Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nicht vermeiden. Die völlig herrschende Meinung bejaht Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche der enterbten Erben auch bei Stiftungsgestaltungen.[175] Das gilt auch angesichts einer missverständlichen Entscheidung des OLG Dresden,[176] die der BGH in der Folge aufhob.[177]

Es bleibt zur Pflichtteilsvermeidung also nur der Weg über Erb-/Pflichtteilsverzichtverträge nach §§ 2346 ff. BGB. Unabhängig davon ist für Pflichtteilsergänzungsansprüche natürlich die Zehn-Jahresfrist des § 2325 Abs. 3 BGB zu beachten, die nach der Reform des Erbrechts durch die neu eingefügte jährlich abnehmende Berücksichtigung aber entschärft ist.

 

Rz. 102

Für Stiftungen im Erbfall müssen hier folgende Hinweise genügen:

Eine Stiftung tritt als Erbin ggf. gemeinsam mit weiteren (Mit-) Erben (Erbengemeinschaft) die Gesamtrechtsnachfolge nach dem Erblasser an und haftet damit auch für etwaige Verbindlichkeiten.
Eine letztwillige Zuwendung an eine bereits bestehende Stiftung ist eine Zustiftung (siehe Rdn 34), wenn der Erblasser nichts anderes verfügt. In der Stiftungssatzung sollte vorgesehen sein, dass die Stiftung Zustiftungen annehmen darf.
Eine Stiftung kann auch als Nacherbin[178] eingesetzt werden. Grundsätzlich tritt die Nacherbfolge mit dem Tod des Vorerben ein (§ 2106 BGB).
Eine Stiftung als Vorerbin einzusetzen, wird regelmäßig keinen Sinn machen, ist aber anders als Wachter[179] und wohl auch Hof[180] meinen, nicht etwa ausgeschlossen. Eine bereits errichtete Stiftung kann ein Vermögen sehr wohl als Vorerbin nutzen. Voraussetzung ist, dass sie in ihrer Zweckerfüllung nicht davon abhängig ist, d.h. ohne die Vorerbschaft über ein Vermögen verfügt, dass die nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks sicherstellt.
Eine Stiftung kann als Vermächtnisnehmerin eingesetzt werden. Sie wird dann zwar nicht Rechtsnachfolger des Erblassers, erwirbt aber mit dem Erbfall einen Anspruch gegen den oder die Erben auf Herausgabe des vermachten Gegenstandes (§ 2174 BGB).
Der Erblasser kann eine bereits existierende Stiftung schließlich letztwillig auch mit einer Auflage bedenken. Die Stiftung hat dann allerdings kein Recht, die Leistung zu fordern (§§ 1940, 2192 ff. BGB). Dennoch ist die Auflage für den Erben oder Vermächtnisnehmer bindend.
[173] Ausf. etwa Schiffer/Kotz, Zerb 2004, 115; NK-BGB/Schewe, Anhang zu § 1923 Rn 59 ff.
[174] Godron in: Richter, § 17 Rn 96; Hof in: v, Campenhausen/Richter, § 36 Rn 117.
[175] Stumpf in: Richter, § 4 Rn 60; Hof in: v. Campenhausen/Richter, § 6 Rn 77; Schiffer/Reinke/Schürmann in: Schiffer, § 10 Rn 21 ff.
[176] OLG Dresden NJW 2002, 3181 ff.; dazu: Rawert, NJW 2002, 3151 ff.; Schiffer, DStR 2003, 14 ff.
[177] BGH NJW 2004, 1382 ff.; dazu Schiffer, NJW 2004, 1565 ff.
[178] Ausf. zur insb. steuerlich nachteiligen (Regelfall = weitgehende Doppelbesteuerung) Vor- und Nacherbschaft siehe etwa: Krug/Rudolf/Kroiß/Bittler/Steinbacher, Erbrecht, § 14 Rn 1 ff.
[179] Wachter, S. 17.
[180] Hof in: v. Campenhausen/Richter, § 6 Rn 85 ("prinzipiell").

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