Dr. K. Jan Schiffer, Matthias Pruns
Rz. 78
Seit geraumer Zeit wird der "Stiftungsfachmann" vermehrt auf die unkompliziert zu errichtende unselbstständige Stiftung angesprochen.
Die unselbstständige Stiftung (auch treuhänderische oder fiduziarische Stiftung genannt) ist keine juristische Person, sondern ein Vertragsverhältnis des "Stifters" mit einem Treuhänder, durch das eine rechtsfähige Stiftung nachgeahmt (simuliert) wird. Der Stifter überträgt dazu einer bereits bestehenden – natürlichen oder juristischen – Person als Treuhänder Vermögenswerte mit der Auflage, die Vermögenswerte einzusetzen, um den oder die vom Stifter verfolgten Zwecke dauerhaft zu verfolgen. Der Treuhänder/Stiftungsträger wird (treuhänderisch) Eigentümer der Vermögenswerte. Treuhänder kann natürlich auch eine (selbstständige) Stiftung sein. Die unselbstständige Stiftung kann unter Lebenden oder von Todes wegen errichtet werden.
Da sie keine juristische Person ist, kann sie nicht als Erbin eingesetzt werden, sondern nur der Treuhänder. Weder die Vorschriften des BGB noch die Landesstiftungsgesetze finden auf dieses rein schuldrechtliche Verhältnis zwischen Stifter und Treuhänder Anwendung. Die Errichtung einer unselbstständigen Stiftung erfordert also kein staatliches Anerkennungsverfahren. Ein Mindestkapital ist für die Errichtung einer unselbstständigen Stiftung ebenfalls nicht erforderlich, da § 80 Abs. 2 BGB keine Anwendung findet. Die unselbstständige Stiftung kann auch als Verbrauchsstiftung ausgestaltet werden, und auch als Familienstiftung (vgl. zu dieser auch Rdn 84).
Rz. 79
Die Errichtung einer unselbstständigen Stiftung unter Lebenden ist ein Vertrag zwischen dem Stifter und dem Stiftungsträger, der gewissermaßen eine selbstständige Stiftung "nachahmt". Eine vorgegebene rechtliche Gestaltung gibt es dafür nicht. Der Stifter und der Stiftungsträger können entweder einen Treuhandvertrag schließen, bei dem die §§ 662 ff., 675 BGB (unentgeltlicher Auftrag/entgeltliche Geschäftsbesorgung) Anwendung finden, oder sie schließen einen Schenkungsvertrag unter Auflage gem. §§ 516, 525 BGB. Die wohl h.M. geht davon aus, dass beide Vertragstypen zur Errichtung einer unselbstständigen Stiftung geeignet sind. Die Einzelheiten der Stiftungsarbeit wird der Stifter mit dem Stiftungsträger aushandeln und in einer "Stiftungssatzung" festhalten, die man richtigerweise als "Organisationsvertrag" bezeichnen sollte. Dieser kann auch ein oder mehrere interne (!) Kontrollorgane der unselbstständigen Stiftung vorsehen.
Wegen der freien Wahl der Gestaltung sollte der jeweilige Vertragstext zur Vermeidung von Streitfällen unbedingt klar regeln, in welcher Weise die Stiftungserrichtung erfolgt. Insb. wenn es um eine spätere Aufhebung der Stiftung geht (nicht selten durch die Erben des Stifters veranlasst), ergeben sich deutliche Unterschiede in den Rechtsfolgen. Während das Auftragsrecht weit reichende Kündigungs- und Widerrufsmöglichkeiten eröffnet, ist die Rückabwicklung einer Auflagenschenkung nur sehr eingeschränkt möglich.
Rz. 80
Will der Stifter nicht auf die bereits vorhandene Organisation eines Stiftungsträgers – etwa auf die des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft in Essen – zurückgreifen, so wird er sich zur Schaffung der internen Organisation der unselbstständigen Stiftung im Rahmen des Stiftungsträgers an den für die privatrechtliche selbstständige Stiftung entwickelten Modellen orientieren, die nachfolgend behandelt werden. Dabei kann und sollte der unselbstständigen Stiftung durchaus ein eigener Name – etwa zur Erinnerung an den Stifter – gegeben werden.
Ersichtlich ist bei der Auswahl des Stiftungsträgers für die unselbstständige Stiftung besondere Sorgfalt anzuwenden. Die Auswahl einer juristischen Person – vor allem des öffentlichen Rechts – hat den Vorteil, dass diese ebenso wie die unselbstständige Stiftung, aber anders als natürliche Personen, zumindest potentiell unsterblich ist. Der Stifter sollte dabei besonderen Wert darauf legen, dass der Stiftungsträger über eine Organisation verfügt, deren Kontrollmechanismen (insb. Aufsichtsorgane wie z.B. Beirat) die Verwendung der treuhänderisch übertragenen Mittel für den gewählten Stiftungszweck sicherstellen. Zu achten ist ferner darauf, dass die Verwaltung einer unselbstständigen Stiftung mit der Satzung der juristischen Person und den weiteren für sie geltenden (gesetzlichen) Regelungen vereinbar ist.
Als einen möglichen Ansatz für mehr Transparenz in diesem Bereich hat der Bundesverband Deutscher Stiftungen auf dem Deutschen Stiftungstag 2014 Details zu einem geplanten Qualitätssiegel für gute Treuhandstiftungsverwaltung vorgestellt, das erstmals am 1.10.2014, dem bundesweiten Tag der Stiftungen, verliehen wurde. Die weitere Handhabung dieses neuen "Gütesiegels" in der Praxis bleibt abzuwarten.
Rz. 81
Im Rechtsverkehr treten unselbstständige Stiftungen häufig ohne einen Hinweis auf ihre Unselbstständigkeit und somit ohne Hinweis auf ihre fehlende Rechtspersönlichk...