Rz. 20
Wurde keine Vergütungsvereinbarung abgeschlossen, richtet sich die Höhe der Vergütung der anwaltlichen Tätigkeit nach dem RVG. Der Rechtsanwalt erhält dann pro Angelegenheit eine gesetzlich näher festgelegte Vergütung, nämlich Gebühren und Auslagen nach § 1 Abs. 1 RVG. Gebühren i.d.S. sind die Geschäftsgebühr, die Verfahrensgebühr, die Terminsgebühr und die Einigungsgebühr, die allesamt in dem als Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG beigefügten Vergütungsverzeichnis (VV) geregelt sind.
Für die Höhe der jeweils abrechenbaren Gebühren ist auch in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten der Gegenstandswert maßgeblich, § 2 Abs. 1 RVG. Hierzu besteht eine Hinweispflicht des Rechtsanwalts, § 49b Abs. 5 BRAO, die allerdings weder die konkrete Höhe des Gegenstandswerts umfasst noch dazu führt, dass der Anwalt die hieraus resultierende Vergütung vorab berechnen und mitteilen muss, sofern der Mandant nicht konkret nachfragt (was allerdings spätestens nach Hinweis auf die Abrechnung nach Gegenstandswert der Fall sein dürfte). Anhand des Gegenstandswerts wird dann über § 13 RVG der Betrag für eine volle (1,0) Gebühr bemessen.
Welche Gebührensätze für welche Tätigkeiten angesetzt werden können, ergibt sich auch für arbeitsrechtliche Angelegenheiten aus dem Vergütungsverzeichnis in Anlage 1 zum RVG, auf das § 2 Abs. 2 RVG verweist. Manche Gebühren sind Rahmengebühren, d.h. sie geben einen Rahmen vor, innerhalb dessen sich die Gebühr bewegen muss, z.B. die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV (0,5 bis 2,5). Gem. § 14 RVG muss der Rechtsanwalt dann nach billigem Ermessen unter Abwägung der Besonderheiten im Einzelfall bestimmen, welcher Gebührensatz angemessen ist. Andere Gebühren sind fest vorgegeben, z.B. die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV (1,3).
Um die konkrete Vergütung zu berechnen, müssen zunächst die verdienten Gebühren festgestellt, dann die jeweiligen Gebührensätze bestimmt und schließlich der Wert mit dem Gebührenwert nach § 13 RVG multipliziert werden.
Rz. 21
Beispiel
Gegenstandswert |
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2.000,00 EUR |
Nach § 13 RVG i.V.m. Anlage 2 beträgt bei diesem Wert eine volle Gebühr: |
166,00 EUR |
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Gebührensatz |
Nr. des VV zum RVG |
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Geschäftsgebühr |
1,3 |
2300 |
215,80 EUR |
Auslagenpauschale Post- u. Telekommunikationsdienstleistungen |
7002 |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
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235,80 EUR |
Umsatzsteuer (19 %) |
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7008 |
44,80 EUR |
zu zahlender Betrag |
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280,60 EUR |
I. Angelegenheit
Rz. 22
Der Abgeltungsbereich der Gebühren ist in § 15 RVG geregelt. Nach § 15 Abs. 1 RVG gelten die gesetzlichen Gebühren die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit ab. Welchen zeitlichen oder sonstigen Umfang die Tätigkeit im Einzelfall hat, spielt für das Entstehen der Gebühr damit keine Rolle, sondern kann – bei Rahmengebühren – allenfalls den Gebührensatz beeinflussen. Nach § 15 Abs. 2 RVG kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. In gerichtlichen Verfahren bekommt er für jede Instanz neue Gebühren, § 17 Nr. 1 RVG.
Rz. 23
Die Gebühren decken die anwaltliche Tätigkeit in einer Angelegenheit ab, sodass im ersten Schritt festzustellen ist, was genau mit "Angelegenheit" gemeint ist. Der Begriff der Angelegenheit, auf den § 15 RVG Bezug nimmt, ist gesetzlich nicht definiert und es gibt auch keine allgemeinen Richtlinien dazu, welchen Umfang eine Angelegenheit hat und wann dieselbe oder wann verschiedene Angelegenheiten vorliegen. Stattdessen wird die Angelegenheit anhand von Fallgruppen in §§ 16, 17 RVG umschrieben.
Nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur umfasst eine Angelegenheit das gesamte Geschäft, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt damit den durch einen einheitlichen Lebenssachverhalt abgesteckten Rahmen, innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird. Die Angelegenheit ist damit sowohl von dem Auftrag als auch von dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit abzugrenzen, der das konkrete Recht oder Rechtsverhältnis bezeichnet, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit bezieht; eine Angelegenheit kann mehrere Gegenstände umfassen.
Für die Frage, wann von einer einzigen Angelegenheit auszugehen ist oder wann mehrere Angelegenheiten vorliegen, ist insbesondere der Inhalt des dem Anwalt erteilten Auftrags im jeweiligen Einzelfall maßgebend. In der Regel betreffen die weisungsgemäß erbrachten anwaltlichen Leistungen ein und dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem...