I. Gegenstand des Begehrens; Vorverfahren
Rz. 20
Das Interesse des Bürgers kann auch darin liegen, dass die Behörde die Aufstellung eines Verkehrszeichens anordnet bzw. anordnen soll
▪ |
Verkehrsbeschränkungen zugunsten von Grundstückseigentümern zum Schutz vor verkehrsbedingten Erschütterungen, |
▪ |
Schutz der Wohnbevölkerung bei Mautausweichverkehr, |
▪ |
Durchfahrtsverbote für die von ihm bewohnte Straße (Verkehrsverbot für Lkw), |
▪ |
Durchfahrtsverbot bzw. verkehrsbeschränkende Maßnahmen zur Verhinderung einer Verkehrslärmbelästigung, |
▪ |
Errichtung einer 30-km/h-Zone, |
▪ |
Aufstellung eines Haltverbots gegenüber einer Grundstücksausfahrt, damit Anwohner sein Grundstück überhaupt erst mit seinem Pkw anfahren kann. |
▪ |
Führt eine zwar rechtlich nicht zu beanstandende Änderung der Straßenführung zu einer markant ansteigenden Zahl von Verkehrsunfällen, die ihrerseits jedes Mal zu Schäden beim Straßenanlieger führen, die dann jeweils von der Kfz-Haftpflicht des Schädigers reguliert werden, so kann der hiervon betroffene Anlieger zum Schutz seiner Rechte und zur Vermeidung künftiger Schädigung die Aufstellung von Verkehrszeichen verlangen (z.B. Geschwindigkeitsbegrenzung, zu erhöhter Aufmerksamkeit mahnende Gefahrenzeichen i.S.d. § 40 StVO. |
Ficht der Kläger nicht nur ein angeordnetes Verbot an, was mit Anfechtungswiderspruch und Anfechtungsklage zu verfolgen wäre, sondern begehrt er darüber hinaus weitergehend den Erlass verkehrsregelnder Maßnahmen, so ist eine Verpflichtungsklage in Form der Bescheidungsklage zulässig. Dafür genügt es, wenn der Kläger mit dem Antrag auf Aufhebung der bisherigen Regelung zugleich erklärt, es sei ihm auch recht, wenn andere verkehrsrechtliche Anordnungen oder bauliche Maßnahmen getroffen würden, die seinem Interesse entgegenkommen.
Rz. 21
Lehnt die Behörde das Aufstellen eines Verkehrszeichens ab, so ist auch hier – sofern Landesrecht dies nicht ausschließt – grundsätzlich zunächst ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Ein Widerspruchsverfahren ist aber z.B. unter den Voraussetzungen des § 75 VwGO ("Untätigkeitsklage") entbehrlich. Eine Entbehrlichkeit des Vorverfahrens kann sich auch "aus der Geschichte des Verfahrens" ergeben.
Rz. 22
Ist ein Widerspruchsverfahren durchgeführt, so muss nach dessen erfolglosem Abschluss dann Verpflichtungsklage zum VG erhoben und dabei das Aufstellen des entsprechenden Schildes begehrt werden. Insofern gelten die oben beschriebenen Grundsätze.
II. Widerspruchs- und Klagebefugnis; Anspruch auf Tätigwerden
Rz. 23
Auch hier ist darauf hinzuweisen, dass Widerspruchs- und Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) gegeben sein muss. Zwar ist § 45 Abs. 1 StVO, der zu verkehrsbeschränkenden Maßnahmen ermächtigt, grundsätzlich auf den Schutz der Allgemeinheit und gerade nicht auf die Wahrung der Interessen des Einzelnen gerichtet.
Rz. 24
In der Rechtsprechung des BVerwG ist aber anerkannt, dass der Einzelne einen grundsätzlich auf ermessensfehlerfreie Entscheidung begrenzten Anspruch auf verkehrsregelndes Einschreiten dann haben kann, wenn eine Verletzung seiner geschützten Individualinteressen in Betracht kommt. Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit und Ordnung i.S.d. § 45 Abs. 1 StVO, insbesondere soweit § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO den Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen herausstellt, umfasst nicht nur die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 1 GG. Dazu gehört auch im Vorfeld der Grundrechte der Schutz des Einzelnen vor Lärm und Abgasen durch Einwirkungen des Straßenverkehrs, wenn das nach allgemeiner Anschauung zumutbare Maß überstiegen wird. Damit ist die Grundlage für subjektive Rechte des Bürgers eröffnet.
Rz. 25
Auch wenn der Anspruch aus § 45 Abs. 1 StVO grundsätzlich auf den Schutz der Allgemeinheit gerichtet ist, haben Anwohner in diesen Fällen einen Anspruch darauf, dass über ihren Antrag auf Anordnung verkehrsbeschränkender Maßnahmen ermessensfehlerfrei entschieden wird.
Rz. 26
Besteht danach für den Einzelnen unter den zuvor beschriebenen Voraussetzungen grundsätzlich nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, so kann sich unte...