Rz. 144
Im Ermittlungsverfahren hat der Beschuldigte grundsätzlich kein durchsetzbares Recht, dass von ihm benannte Zeugen von der Staatsanwaltschaft, ihren Hilfsbeamten oder durch den Richter vernommen werden. Zwar ist die Staatsanwaltschaft gem. § 160 Abs. 2 StPO verpflichtet, auch die zur Entlastung des Beschuldigten dienenden Umstände zu ermitteln und für die Erhebung derjenigen Beweise Sorge zu tragen, deren Verlust zu besorgen ist. Dies gilt sowohl bezüglich der Schuld- wie auch bezüglich der Rechtsfolgenfrage. Gemäß § 163a Abs. 2 StPO sind die Beweise zu erheben, deren Aufnahme der Beschuldigte zu seiner Entlastung beantragt, wenn sie von Bedeutung sind. Die Beweiserheblichkeit beurteilt die Staatsanwaltschaft nach pflichtgemäßem Ermessen, wobei sie aber nicht an die strengen Regelungen des § 244 Abs. 3 StPO gebunden ist. § 166 Abs. 1 StPO ergänzt dies für die richterliche Vernehmung des Beschuldigten.
Rz. 145
Weigert sich die Ermittlungsbehörde aber, solche Beweise zu erheben, bleibt dem Beschuldigten oder seinem Verteidiger nur die Möglichkeit, solche Beweiserhebungen selbst durchzuführen und in geeigneter Weise ins Verfahren einzuführen. Dies gilt sogar und insbesondere auch für die mündliche Haftprüfung. Gemäß § 118a Abs. 3 S. 1 StPO sind in dieser die anwesenden Beteiligten zu hören. Vor allen Dingen ist dem Beschuldigten Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Gemäß § 118a Abs. 3 S. 2 StPO bestimmt aber Art und Umfang der Beweisaufnahme das Gericht. Nach Ermessen des Gerichts werden die Beweise im Freibeweisverfahren erhoben.
Da das Gericht Art und Umfang der Beweisaufnahme nach freiem Ermessen bestimmt, müssen Beweisanträge der Beteiligten, für die § 244 Abs. 3 und 4 StPO nicht gilt, nicht förmlich beschieden werden. Der Beschuldigte kann zwar Zeugen laden oder stellen, ihre Vernehmung steht aber im Ermessen des Gerichts. Es ist daher nicht zu empfehlen, Haftprüfungen in der Weise vorzubereiten, dass nicht nur die Entlastungszeugen im vorbereitenden Schriftsatz benannt werden, mit der Bitte, sie mögen auch zur Haftprüfung geladen werden, oder aber die Zeugen in der Haftprüfung zu stellen, um sie sodann vernehmen zu lassen. Vielmehr wird es regelmäßig sinnvoller sein, die Aussage des Entlastungszeugen vor dem Haftprüfungstermin selbst zu erkunden, darüber einen Aktenvermerk zu fertigen (alternativ eine Zeugenvernehmung selbst durchzuführen und dazu ein Protokoll anzufertigen) und dem Antrag auf Haftprüfung den Aktenvermerk (oder: die Zeugenvernehmung) mit der Bitte um Ladung des Zeugen oder der Ankündigung, ihn als präsenten Zeugen in die Haftprüfung zu stellen, beizufügen. Einer solchen Beweiserhebung kann sich der Haftrichter wegen § 166 Abs. 1 StPO nicht entziehen.