I. Anzeige der Verteidigung und Antrag auf Akteneinsicht (§ 147 Abs. 1 StPO)
1. Typischer Sachverhalt
Rz. 67
Ausgangspunkt ist der Sachverhalt wie oben (siehe Rdn 1) dargestellt. Der Rechtsanwalt nimmt eine Vollmacht von Herrn A entgegen und veranlasst das nun weiter Erforderliche.
2. Muster: Anzeige der Mandatsannahme gegenüber der Staatsanwaltschaft
Rz. 68
Zunächst zeigt der Verteidiger unter Beifügung einer auf ihn lautenden Vollmacht der Staatsanwaltschaft gegenüber schriftlich an, dass er die Verteidigung von Herrn A übernommen hat. Das Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft ist dem Schreiben – soweit bekannt – voranzustellen, damit es dem zuständigen Sachbearbeiter bei der Staatsanwaltschaft zügig zugeordnet werden kann. Mit der Anzeige der Mandatsübernahme ist regelmäßig ein Antrag auf Akteneinsicht entsprechend § 147 StPO und ggf. die Bitte um Übersendung der Akten in die Kanzleiräume verbunden, wenngleich Letzteres in der Praxis auch ohne Antrag so gehandhabt wird. Von diesem Bestellungsschreiben sollte dem Mandanten Kenntnis gegeben werden. Des weiteren ist eine ein- bis zweiwöchige Frist zur Wiedervorlage für die Akte zu notieren, um sodann überprüfen zu können, ob der Antrag bei der Staatsanwaltschaft zwischenzeitlich bearbeitet wurde oder ob ggf. an das Akteneinsichtsgesuch zu erinnern ist.
Rz. 69
Muster 41.14: Anzeige der Mandatsannahme gegenüber der Staatsanwaltschaft
Muster 41.14: Anzeige der Mandatsannahme gegenüber der Staatsanwaltschaft
An die Staatsanwaltschaft _____
Az. _____
In dem Ermittlungsverfahren gegen _____ wegen _____
zeige ich unter Beifügung einer beglaubigten Vollmacht an, dass ich die Verteidigung von _____ übernommen habe.
Ich beantrage Akteneinsicht und bitte darum, mir die Akten in meine Kanzleiräume zu übersenden.
(Rechtsanwalt)
3. Muster: Anzeige der Mandatsannahme gegenüber der Polizei
Rz. 70
In der Regel werden die Ermittlungen von der Polizei geführt. Die Staatsanwaltschaft wird dann oft erst eingeschaltet, wenn die Polizei ihre Ermittlungen abgeschlossen hat. Diese Verfahrensweise verstößt zwar gegen § 163 Abs. 2 S. 1 StPO, wonach die Polizeibehörde ihre Verhandlungen unverzüglich der Staatsanwaltschaft zu übersenden hat. Dennoch ist dieses Verfahren in der Praxis häufig anzutreffen. Problematisch ist die Umgehung der §§ 163 Abs. 2 S. 1, 170 Abs. 1 StPO, weil über die Akteneinsicht nur die Staatsanwaltschaft entscheiden kann. Werden die Ermittlungen (und damit auch die Akten) allein von der Polizei geführt, verzögert sich die Gewährung der Akteneinsicht oft in unerträglicher Weise. Der Verteidiger hat in diesem Fall nur die Möglichkeit, die Mandatsübernahme sowie sein Akteneinsichtsbegehren gegenüber den Polizeibehörden gleichermaßen anzuzeigen. Allein auf diesem Weg kann der Verteidiger versuchen, sicherzustellen, dass auch die polizeilichen Sachbearbeiter um die anwaltliche Vertretung des Beschuldigten wissen und dieser Verteidigerwahl des Beschuldigten Rechnung tragen, insbesondere diesen als alleinigen Ansprechpartner in allen Verteidigungsbelangen respektieren. Zudem kann der Verteidiger so die Aktenübersendung unmittelbar nach Eintreffen bei der Staatsanwaltschaft ohne noch zusätzliche Verzögerungen bzw. den direkten Versand über die Polizei nach vorheriger Zustimmung der Staatsanwaltschaft erwirken.
Rz. 71
Muster 41.15: Anzeige der Mandatsannahme gegenüber der Polizei
Muster 41.15: Anzeige der Mandatsannahme gegenüber der Polizei
Kriminalpolizei _____
Tagebuchnummer _____
In dem Ermittlungsverfahren gegen _____ wegen _____
zeige ich unter Beifügung einer beglaubigten Vollmacht an, dass mich _____ mit seiner/ihrer Verteidigung beauftragt hat. _____ wird vorerst keine Angaben zur Sache machen und deshalb nicht zur polizeilichen Vernehmung erscheinen.
Ich bitte um Mitteilung der Tagebuchnummer bzw. – sofern bereits bekannt – des Aktenzeichens der zuständigen Staatsanwaltschaft, damit von dort aus Akteneinsicht gewährt werden kann. Darüber hinaus bitte ich darum mir bekannt zu geben, wer die Ermittlungen leitet.
Gegenüber der Staatsanwaltschaft stelle ich schon jetzt den Antrag, mir Akteneinsicht zu gewähren und bitte um Übersendung der Akten in meine Kanzleiräume.
(Alternativ: Ich bitte um Mitteilung des staatsanwaltschaftlichen Aktenzeichens, damit ich von dort aus Akteneinsicht erhalten kann.)
(Rechtsanwalt)
4. Rechtliche Grundlagen zur Verteidigungsanzeige/Akteneinsicht
a) Missachtung der Anzeige der Verteidigung
Rz. 72
Nicht selten werden die Anzeige der Verteidigungsbevollmächtigung und die Mitteilung, dass der Mandant bei der Polizei keine Angaben machen wird, von der Polizei missachtet. Insbesondere Mandanten, die sich in U-Haft befinden, werden von der Polizei aufgesucht und vernommen, ohne dass der Verteidiger hiervon vorab Kenntnis erhält. Dieser wird teilweise bewusst übergangen und erfährt erst im Nachhinein davon. In derartigen Fällen ist es angezeigt, unverzüglich nach Bekanntwe...