I. Typischer Sachverhalt
Rz. 268
Herrn A wird die Eröffnung des Hauptverfahrens mitgeteilt. Gleichzeitig wird er aufgefordert, an einem bestimmten Termin vor Gericht zu erscheinen. Herr A will wissen, was dies bedeutet. Er ist deshalb über die weiteren Verfahrensschritte, deren Vorbereitung und Ablauf zu informieren. Zudem muss mit ihm eine Verteidigungsstrategie entwickelt werden. Herr A ist darüber aufzuklären, dass er zur Hauptverhandlung persönlich zu erscheinen hat, da er anderenfalls vorgeführt oder gegen ihn sogar Haftbefehl erlassen werden kann, § 230 Abs. 2 StPO.
II. Rechtliche Grundlagen
1. Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Terminierung der Hauptverhandlung
Rz. 269
Bereits die Terminierung der Hauptverhandlung kann Auswirkungen auf den inhaltlichen Ausgang des Verfahrens haben, nämlich dann, wenn aus Sicht des Verteidigers zu kurzfristig terminiert wird und damit zu wenig Vorbereitungszeit verbleibt oder die Hauptverhandlung auf bereits anderweitig verplante Tage gelegt wird. Der Strafverteidiger sollte daher das Gericht bitten, die Terminierung der Hauptverhandlung mit ihm abzusprechen, um Terminkollisionen und -verlegungen von vornherein zu vermeiden. Dabei ist § 213 StPO zu beachten, wonach der Termin zur Hauptverhandlung vom Vorsitzenden des Gerichts bestimmt wird. Diesem steht folglich allein das Recht zur Bestimmung des Hauptverhandlungstermins zu. Er darf aber nicht willkürlich terminieren, sondern muss ermessensfehlerfrei entscheiden. Der Vorsitzende Richter hat dabei sowohl dem Beschleunigungsgebot aus Art. 5 Abs. 2–4, 6 Abs. 1 S. 1 EMRK zu genügen, als auch dem Recht des Angeklagten auf ausreichende Vorbereitungszeit und Wahl eines Rechtsbeistands seines Vertrauens Rechnung zu tragen.
Der Vorsitzende Richter muss daher zumindest versuchen, den Termin mit dem Verteidiger abzustimmen. Eine unberechtigte und damit willkürliche Ablehnung einer vom Verteidiger beantragten Terminsverlegung kann die Besorgnis der Befangenheit begründen. Zudem wird dem Angeklagten ein diesbezügliches Beschwerderecht eingeräumt.
2. Ladungsfristen und der Aussetzungsantrag
Rz. 270
Die vom Vorsitzenden Richter angeordnete und von der Geschäftsstelle bewirkte Ladung ist die förmliche Aufforderung, zur Hauptverhandlung zu erscheinen. Im Normalfall wird der Angeklagte mit der Ladung auch über die geladenen Zeugen bzw. Sachverständigen unterrichtet, § 222 Abs. 1 S. 1 StPO. Die Ladung bedarf einer förmlichen Zustellung durch entsprechende Zustellungsurkunde gem. §§ 182 ff. ZPO, denn mit der Zustellung der Ladung beginnt der Lauf der Ladungsfrist nach § 217 Abs. 1 StPO.
Die Einhaltung der Ladungsfrist entspringt dem Gebot der Waffengleichheit und soll gewährleisten, dass dem Angeklagten ausreichend Zeit zur Vorbereitung der Hauptverhandlung verbleibt. Die Ladungsfrist beträgt mindestens eine Woche, dh zwischen dem Tag der Zustellung und dem Tag der Hauptverhandlung muss wenigstens eine Woche liegen. Dabei werden der Zustellungstag und der Tag des Beginns der Hauptverhandlung nicht mitgerechnet. Andererseits gilt der § 43 Abs. 2 StPO nicht, so dass Sonn- und Feiertage bei der Fristberechnung mitgezählt werden.
Für das beschleunigte Verfahren gilt eine verkürzte Ladungsfrist von nur 24 Stunden, § 418 Abs. 2 S. 3 StPO. Grundsätzlich sind Verteidiger und Angeklagter unabhängig voneinander zu laden. Die Ladungsfrist läuft für jeden getrennt. Für den Fall einer ausdrücklichen Zustellungsvollmacht i.S.d. § 145a Abs. 2 S. 1 StPO kann der Angeklagte auch über seinen Verteidiger geladen werden.
Rz. 271
Wird die Ladungsfrist des Angeklagten oder die des Verteidigers nicht eingehalten und handelt es sich um die Ladung zum ersten Hauptverhandlungstermin, dann empfiehlt es sich unter Umständen, einen Aussetzungsantrag nach § 217 Abs. 2 StPO zu stellen. Der Antrag kann bereits vor der Hauptverhandlung und muss spätestens bis zur Vernehmung des Angeklagten zur Sache vorgebracht werden. Über diesen entscheidet das in der Sache zuständige Gericht im Beschlusswege, § 228 Abs. 1 StPO. Die ablehnende Entscheidung ist unanfechtbar. Nach § 217 Abs. 3 StPO kann der Berechtigte auf die Einhaltung der Ladungsfrist verzichten. Dieser Verzicht sollte aber nur ausgesprochen werden, wenn die Vorbereitung der Hauptverhandlung abgeschlossen ist und sich aus der Ladungsmitteilung keine neuen Umstände ergeben haben.
3. Überprüfung der Besetzung und Rüge fehlerhafter Besetzung
Rz. 272
Die Überprüfung der Besetzung des Gerichts durch den Verteidiger ist zumindest aus zwei Gründen unentbehrlich: Zum einen garantiert sie das Recht des Angeklagten auf den gesetzlichen Richter gem. Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG und zum anderen sichert sie ihm die Möglic...