Rz. 24
Die Anwendbarkeit des § 613a BGB auch für den Fall der Umwandlung ist in § 324 UmwG geregelt. Danach bleibt § 613a Abs. 1, 4–6 BGB durch die Wirkungen der Eintragung einer Verschmelzung, Spaltung oder Vermögensübertragung unberührt. Hierbei handelt es sich um eine Rechtsgrundverweisung, sodass der Tatbestand des Betriebsübergangs eigenständig zu prüfen ist (BAG v. 25.5.2000 – 8 AZR 416/99; Kallmeyer/Willemsen, § 324 UmwG Rn 2 m.w.N.). Auf die sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen wird nur insoweit eingegangen, als sich Abweichungen zum Betriebsübergang ergeben.
I. Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers
Rz. 25
Gem. § 324 UmwG gilt das Widerspruchsrecht aus § 613a Abs. 6 BGB auch für die Fälle der Umwandlung. Wird ein solches ausgeübt, so entfaltet dies dieselben Rechtsfolgen wie beim Betriebsübergang. Allerdings ist die Ausübung des Widerspruchsrechtes in Umwandlungsfällen nur begrenzt möglich, da der Widerspruch ohne Verbleiben eines Restbetriebs ins Leere geht (MüKo-BGB/Müller-Glöge, § 613a BGB Rn 217 f.; Kreßel, BB 1995, 925, 930; Wlotzke, DB 1995, 40, 43; a.A. ArbG Münster v. 14.4.2000 – 3 Ga 13/00; Semler/Stengel/Leonard/Simon,§ 324 UmwG Rn 51; Grobys, BB 2002, 726, 730; Altenburg/Leister, NZA 2005, 15, 19, die von einer sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses als Folge des Widerspruchs ausgehen). Erlischt mithin der bisherige Rechtsträger und tritt der neue Arbeitgeber in die Arbeitsverhältnisse ein, besteht aufgrund einer teleologischen Reduktion des § 613a Abs. 6 BGB kein Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer nach § 613a Abs. 6 BGB (BAG v. 21.2.2008 – 8 AZR 157/07). Dies ist bei der Verschmelzung, der Aufspaltung und bei der vollständigen Vermögensübertragung der Fall. Will der Arbeitnehmer dennoch mit dem ihm durch die Verschmelzung "aufoktroyierten" Arbeitgeber nicht zusammenarbeiten, so steht ihm ein Recht zur außerordentlichen Kündigung zu (BAG v. 21.2.2008 – 8 AZR 157/07; MüKo-BGB/Müller-Glöge, § 613a BGB Rn 219; Kallmeyer/Willemsen, § 324 UmwG Rn 47; Gaul/Otto, DB 2002, 634, 636; Bachner, NJW 1995, 2881, 2882; Rieble, ZIP 1997, 301, 306), welches nur innerhalb der zweiwöchigen Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB ab Kenntnis des Verschmelzungstatbestandes ausgesprochen werden kann.
II. Zuordnung der Arbeitsverhältnisse
Rz. 26
Ist Gegenstand der Spaltung ein Betrieb oder Betriebsteil, so ist die Zuordnung der Arbeitsverhältnisse unproblematisch, da die Regelung des § 613a Abs. 1 BGB eingreift und damit die Arbeitsverhältnisse der dort beschäftigten Arbeitnehmer unverändert übergehen. Sieht der Spaltungs- oder Übernahmevertrag eine abweichende Zuordnung vor, ist diese wegen Umgehung von § 613a BGB nach § 134 BGB nichtig (ErfK/Preis, § 613a BGB Rn 82; Willemsen, NZA 1996, 791, 799). I.Ü. bleibt der Spaltungsvertrag nach § 139 BGB wirksam. Liegen die Voraussetzungen des § 613a BGB nicht vor, so kann das Arbeitsverhältnis auch im Wege der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge übergehen. Der Übergang des Arbeitsverhältnisses hängt dabei allerdings von der Zustimmung des Arbeitnehmers ab. Im Falle der Aufspaltung hat der Arbeitnehmer ausweislich der Rechtsprechung des BAG ein Wahlrecht, in welchem der neuen Unternehmen er sein Arbeitsverhältnis fortsetzen will (BAG v. 19.10.2017 – 8 AZR 63/16).
Rz. 27
Bei Arbeitnehmern, die abteilungs-, betriebs- oder betriebsteilübergreifend tätig gewesen sind, ist nur der Weg über eine Aufteilung der Arbeitnehmer auf den zu veräußernden Betriebsteil oder den verbliebenen (Rest-) Betrieb gangbar, denn hier lässt sich eine Zugehörigkeit zu einem Betrieb oder Betriebsteil gerade nicht feststellen. Weiter kann ein Bedürfnis bestehen, den Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils dadurch zu komplettieren, dass wegen Veränderung der Produktpalette einzelne Arbeitnehmer aus dem "Restbereich" mitgehen (Boecken, ZIP 1994, 1087, 1091; ebenso Berscheid, HwB AR, 600 "Betriebsinhaberwechsel" Rn 167; Däubler, RdA 1995, 136, 142).
Rz. 28
In diesen Fällen ist bei der Spaltung zur Aufnahme die Auflistung im Spaltungs- und Übernahmevertrag entscheidend, der nach § 126 Abs. 1 Nr. 11 UmwG "die Folgen der Spaltung für die Arbeitnehmer" enthalten muss (bei der Spaltung zur Neugründung tritt an dessen Stelle gem. § 136 UmwG der Spaltungsplan und wird inhaltlich in § 135 Abs. 1 UmwG auf vorgenannte Regelung verwiesen), bei dem der Betriebsrat insoweit mitzubestimmen hat (§ 126 Abs. 3 UmwG). Kommt in diesen Fällen ein Interessenausgleich zustande, in dem diejenigen Arbeitnehmer namentlich bezeichnet werden, die nach der Spaltung einem bestimmten Betrieb oder Betriebsteil zugeordnet werden, kann die Zuordnung der Arbeitnehmer nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden (§ 323 Abs. 2 UmwG).
Rz. 29
Bei der Aufteilung dieser Arbeitnehmer handelt es sich um nichts anderes als um eine notwendige "versetzungsähnliche Zuordnungsentscheidung", die unter Beachtung von § 315 Abs. 1 BGB und § 1 Abs. 3 KSchG getroffen werden muss (Lieb, ZfA 1994, 224, 242). Dabei ist eine zweistufige Vorgehensweise notwendig. In einem ersten Schritt ist die Zuordnung von Arbeitsplätzen zu dem ...