A. Vorbemerkung
Rz. 1
Bei der Gesamtrechtsnachfolge geht das gesamte Vermögen einschließlich der Verbindlichkeiten kraft Gesetzes auf den neuen Rechtsträger über, der auch in bestehende Arbeitsverträge und Ruhestandsverhältnisse eintritt.
Rz. 2
Ein Fall der Gesamtrechtsnachfolge ist die Erbfolge (§§ 1922, 1967 BGB), die nur Einzelpersonen oder Personengesellschaften, nicht aber Kapitalgesellschaften berührt. Im Fall der Erbschaft findet § 613a BGB keine Anwendung; der Erbe tritt kraft Gesetzes in vollem Umfang an die Stelle des bisherigen Arbeitgebers. Wird dagegen wie beim Vermächtnis (§ 2174 BGB) durch eine Verfügung von Todes wegen lediglich eine Verpflichtung begründet, so geht der Betrieb, der Gegenstand eines Vermächtnisses bildet, durch Rechtsgeschäft i.S.d. § 613a Abs. 1 S. 1 BGB auf den Vermächtnisnehmer über, wenn der Erbe ihn in Erfüllung dieses Vermächtnisses auf den Vermächtnisnehmer überträgt (Berscheid, KGS, "Betriebsübergang/Betriebsinhaberwechsel" Rn 185 m.w.N.).
Rz. 3
Die im bisherigen Recht nur unzulänglich, unübersichtlich und unvollständig geregelten Möglichkeiten für Unternehmen, sich in erleichterter Form umzustrukturieren, sind in dem neuen UmwG vom 28.10.1994 (BGBl I, 3210) zusammengefasst und systematisiert worden. Wichtiger als die Rechtsbereinigung ist die ganz erhebliche Erweiterung der Umwandlungsmöglichkeiten von bisher 44 denkbaren Fällen auf 119 Möglichkeiten, was für den Betriebsrat unter Umständen den "Durchblick" erschweren kann. Das neue Recht erfasst mit dem Begriff "Umwandlung" alle wichtigen Formen der Umstrukturierung von Unternehmen. Außer in den im UmwG selbst geregelten Fällen ist eine sonstige Umwandlung nur möglich, wenn sie durch ein Landesgesetz oder ein anderes Bundesgesetz ausdrücklich vorgesehen ist (s. bspw. § 1 SpTrUG, § 6b VermG). In Bezug auf die Fälle der (kompletten und partiellen) Gesamtrechtsnachfolge besteht Typenzwang (§ 1 Abs. 2 UmwG).
Rz. 4
Das Gesetz enthält keine Definition der Umwandlung als solcher, sondern regelt nur die einzelnen Umstrukturierungsmaßnahmen. Der Begriff der Umwandlung, also der Regelungstatbestand des UmwG, lässt sich aber in allgemeiner Form als "Vermögensübergänge im Wege der Gesamtrechtsnachfolge oder Sonderrechtsnachfolge (partielle Universalsukzession) oder Wechsel der Rechtsform" umschreiben (Berscheid, AR-Blattei SD 530.6.4 Rn 13).
Rz. 5
Das UmwG findet seit dem 25.4.2007 auch auf grenzüberschreitende Sachverhalte mit Bezug zu einem Mitgliedstaat der EU Anwendung. Dies ergibt sich aus §§ 122a ff. UmwG, welche die Verschmelzungsrichtlinie 2005/56/EG umsetzt.
B. Umwandlungsarten
Rz. 6
Das Gesetz selbst kennt nach § 1 Abs. 1 UmwG die im nachfolgenden Schaubild aufgeführten Umwandlungsarten und -formen (s. zum Schaubild Berscheid, AR-Blattei SD 530.6.4 Rn 13; Lüttge, NJW 1995, 417, 418; s. zu den einzelnen Definitionen und den verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten Kallmeyer, ZIP 1994, 1746)
Rz. 7
Übersicht: Umwandlungsarten und -formen
I. Verschmelzungsarten und -formen
Rz. 8
Eine Verschmelzung i.S.d. Umwandlungsrechtes liegt vor, wenn zwei oder mehrere Vermögensmassen unter einer Rechtsträgerschaft vereinigt werden. Dabei werden zwei oder mehrere Rechtsträger durch einen ersetzt, und zwar entweder durch einen von ihnen oder durch einen neu gegründeten Rechtsträger (s. zur Definition und zu den Möglichkeiten der Verschmelzung Kallmeyer, ZIP 1994, 1746, 1747 f.; ferner Berscheid, HwB AR, 600 "Betriebsinhaberwechsel" Rn 129–132; ders., AR-Blattei SD 530.6.4 Rn 15 ff.). Die Verschmelzung findet gem. § 2 UmwG in zwei Formen statt, nämlich
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als Verschmelzung durch Aufnahme oder |
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als Verschmelzung durch Neugründung. |
Rz. 9
Bei der Verschmelzung durch Aufnahme erfolgt unter Ausschluss der Liquidation die Übertragung des Vermögens eines (übertragenden) Rechtsträgers als Ganzes auf einen anderen, bereits bestehenden (übernehmenden) Rechtsträger (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Der übertragende Rechtsträger geht als Rechtsperson mit der Eintragung unter, ohne dass es einer besonderen Löschung bedarf (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG); sein Vermögen einschließlich der Verbindlichkeiten geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den übernehmenden Rechtsträger über (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Die Inhaberschaft an dem Betrieb oder an den Betrieben des übertragenden Rechtsträgers wechselt auf den übernehmenden Rechtsträgers über.
Rz. 10
Bei der Verschmelzung durch Neugründung (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UmwG) wird ein neuer Rechtsträger gebildet, auf den das Vermögen der sich vereinigenden Rechtsträger als Ganzes übergeht (§ 36 Abs. 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Die sich vereinigenden Rechtsträger gehen beide als Rechtspersonen unter, ohne dass es einer besonderen Löschung bedarf (§ 36 Abs. 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG). Die Inhaberschaft an dem Betrieb oder an den Betrieben der übertragenden Rechtsträger wechselt auf den neu gebildeten Rechtsträger.
Rz. 11
Während früher nur AG und Genossenschaften jeweils untereinander verschmolzen werden konnten, können gem. § 3 Abs. 1 UmwG an einer Verschmelzung als übertragende, übernehmende oder...