Fabian Triesch, Helmut Beckmann
Rz. 37
Meinungsverschiedenheiten kann es nicht nur wegen der grundsätzlichen Eintrittsverpflichtung des Versicherers geben, sondern auch zum Anfall der abzurechnenden Gebühren, dem Grunde und der Höhe nach, ergeben sich zuweilen Diskussionen. Grundtenor ist dabei die von den Versicherern gesehene Verpflichtung des Versicherungsnehmers, die Kosten im Schadenfall möglichst gering zu halten (sog. Schadenminderungsobliegenheit), der eigentlich auch eine ähnliche Pflicht im Mandatsverhältnis entspricht. Postuliert ist dies dem Grunde nach für alle Schadensversicherungen in § 82 VVG. Ausprägungen für die Rechtsschutzversicherung finden sich in § 17 ARB 2010 (4.1.1.4 ARB 2012).
Die Formulierung der Schadenminderungsobliegenheit in § 17 Abs. 1 Buchst. c) ARB 2010 hat der BGH, nachdem bei Stand der Vorauflage lediglich Hinweise dahin in einer Terminsverfügung enthalten waren und das damalige Verfahren vor der Änderung des Revisionsrechts noch durch bloßes Anerkenntnis beendet werden konnte, nun mittlerweile in einem Urteil für intransparent erachtet. Ebenfalls hat der BGH in dieser Entscheidung klargestellt, dass im Grundsatz der Rechtsanwalt des Versicherungsnehmers nicht dessen Repräsentant ist. Danach ist ein Verhalten nur in der Person des Rechtsanwalts, was den Tatbestand der Obliegenheit objektiv oder subjektiv erfüllt, ohne Weiteres dem Versicherungsnehmer grundsätzlich nicht zuzurechnen. Daher hat er in derselben Entscheidung auch eine Klausel, welche diese Zurechnung gerade anordnete (§ 17 Abs. 7 ARB 2010), für unwirksam nach § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB erachtet.
Im zugrunde liegenden Streitfall war die Weisung zur Auswahl eines bestimmten, kostengünstigeren Sachverständigen nur an den Rechtsanwalt erteilt worden, der sich an diese nicht hielt. Eine Leistungsfreiheit des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer aufgrund der missachteten Weisung lediglich an den Rechtsanwalt kam somit mangels Wirksamkeit nicht nach § 17 ARB 2010 in Betracht, mangels Weisung an den Versicherungsnehmer und fehlender Zurechenbarkeit des Anwaltshandelns dort, auch nicht nach § 82 Abs. 2 S. 1 VVG.
Nicht näher thematisieren musste der BGH in der Entscheidung, wie es zu sehen wäre, wenn die Weisung auf Basis von § 82 Abs. 2 S. 1 VVG direkt an den Versicherungsnehmer gerichtet worden wäre. Dann wäre es einerseits wesentlich auf die Zumutbarkeit der Weisung (§ 82 Abs. 2 S. 1 VVG), andererseits für die Leistungsfreiheit auf die Frage eines eigenen Verschuldens des Versicherungsnehmers bei Nichtbefolgung (§ 82 Abs. 3 VVG) angekommen. Ebenfalls war keine Frage dieser Entscheidung, ob der Versicherer nach Bezahlung dieser Kosten aus übergegangenem Recht gegen den Rechtsanwalt einen Anspruch auf Schadensersatz wegen der Auswahl des teureren Sachverständigen hat (§§ 280 Abs. 1, 611, 675 Abs. 1 BGB, § 86 Abs. 1 VVG).
Die nachfolgenden Ausführungen betreffen einige klassische Streitfragen, auch basierend auf älteren Entscheidungen. Diese Streitfragen bleiben auch im Anschluss an die dargestellte BGH-Rechtsprechung grundsätzlich aktuell. Sie werden aber für den Versicherer voraussichtlich tendenziell weniger der Anlass sein, eine Verletzung der gesetzlichen Schadenminderungsobliegenheit nach § 82 VVG zu rügen, als vielmehr über die Gewährung von Abwehrdeckung oder, bei bereits erfolgter Bezahlung, über einen Anwaltsregress nachzudenken.