a) Gesetz
Rz. 46
Der Spediteur wird in § 453 HGB als ein Geschäftsbesorger definiert, der die Versendung des Gutes besorgt. § 454 HGB enthält eine nähere Definition der vertraglich geschuldeten Pflichten. Nach § 454 Abs. 1 HGB schuldet der Spediteur als vertragliche Hauptpflicht stets die Organisation des Transports, die die Bestimmung des Beförderungsmittels und -weges, die Auswahl der ausführenden Unternehmer, den Abschluss der für die Versendung erforderlichen Verträge, die Erteilung von Informationen und Weisungen an die ausführenden Unternehmer und die Sicherung von Schadenersatzansprüchen umfasst. Der Spediteur hat bei der Erbringung seiner Speditionsleistungen das Interesse des Versenders wahrzunehmen und dessen Weisungen zu befolgen, § 454 Abs. 4 HGB. Die gesamte Versendung der Waren an die Kunden des Handelsunternehmens wird hiervon erfasst.
Darüber hinaus fallen auch weitere auf die Beförderung bezogene Leistungen unter das gesetzliche Speditionsrecht, wenn die Vertragsparteien die Erbringung dieser Leistungen vereinbart haben, § 454 Abs. 2 HGB. Im Ausgangsfall zählt hierzu die Durchführung von Verzollungen, Maßnahmen der Warenbehandlung wie transportgerechtes Verpacken und Kennzeichnen. Soweit der Spediteur weitergehende Leistungen erbringt, die nicht auf die Beförderung abzielen, findet das gesetzliche Speditionsrecht keine Anwendung mehr.
b) ADSp
Rz. 47
Von dem gesetzlichen Spediteurbegriff ist der "berufsständische" zu unterscheiden, der den ADSp zugrunde liegt. Nach Ziff. 2.1 ADSp 2017 gelten die ADSp für Verkehrsverträge des Spediteurs in seiner Stellung als Auftragnehmer. Sein Vertragspartner wird als Auftraggeber bezeichnet. Verkehrsverträge sind nach der Begriffsbestimmung in Ziff. 1.14 ADSp 2017 Verträge des Spediteurs über alle Arten von Tätigkeiten, die üblicherweise zum Speditionsgewerbe gehörende Geschäfte betreffen. Dies sind nicht nur Güterversendungen i.S.v. § 453 HGB, sondern auch Fracht- und Lagerverträge sowie damit verbundene Nebentätigkeiten, wie Zollabwicklung, Sendungsverfolgung, Umschlag, Erhebung von Nachnahmen, die Besorgung der für die Güterabfertigung notwendigen Dokumente, Verwiegung, andere Mengenfeststellungen, Verpackung, Musterziehen, Verladen und Entladen von Gütern, sowie das Besorgen von Gütertransport- und anderen Sachversicherungen. Hierzu zählen auch logistische Tätigkeiten, wenn diese speditionsüblich sind und mit der Beförderung oder Lagerung in Zusammenhang stehen, wie die Bildung von Ladeeinheiten, Kommissionieren, Etikettieren, Verwiegung von Gütern und Retourenabwicklung. Dies trifft im Ausgangsfall auf das Beifügen deutschsprachiger Gebrauchsanweisungen zu, nicht jedoch auf den Einbau von Decodern in Unterhaltungselektronik.
c) Logistik
Rz. 48
Im Rahmen der Logistik erbringen die Spediteure zunehmend auch Leistungen, die weder unter das gesetzliche noch unter das berufsständische Recht (ADSp) zu subsumieren sind. Es handelt sich hierbei um Leistungen, die auf die Produktion von Waren (Einbau von Decodern) oder den Handel mit Waren bezogen sind. Es ist ganz wichtig, ja von entscheidender Bedeutung für die Vertragsgestaltung, dass der Anwalt sich über die Reichweite der gesetzlichen Bestimmungen und damit über den Inhalt des Vertrags im Klaren ist. Die Abgrenzung ist auch deshalb problematisch, weil man immer prüfen muss, ob die Übernahme neuer Tätigkeitsfelder noch als vertragliche Nebenleistung zum Speditionsvertrag (Fracht- oder Lagervertrag) anzusehen ist oder ob die Grenze in neue rechtliche Betätigungsfelder (Werkleistung, Geschäftsbesorgung) überschritten wird. Hier stellt sich bei der Fülle der möglichen logistischen Leistungen, die im Rahmen einer Transport- und Logistikkette von einem Spediteur oder Logistiker übernommen werden, für den Anwalt nicht nur die Aufgabe, komplexe Leistungspakete in einem Vertragswerk zu einer rechtlichen Einheit zusammenzuführen, sondern auch die Aufgabe, das was die Vertragspartner mit der Vertragsbeziehung erreichen wollen, rechtlich exakt einzuordnen.
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass ein solcher Vertrag Vertragsbestandteile hat, die man herkömmlich einem Speditions-, Fracht- aber auch anderen Vertragstypen zuordnen kann. Der Vertrag über logistische Leistungen ist insoweit ein "gemischter Vertrag", in dem Elemente verschiedener Vertragstypen zu einer Einheit verbunden sind. Dies ist für die Lösung der bei gemischten Verträgen auftretenden rechtlichen Probleme wichtig. Denn kommt es bei einzelnen Tätigkeiten zu Leistungsstörungen, sind in der Regel jeweils die Regeln des Vertragstyps anzuwenden, für den die betreffende Leistung charakteristisch ist. Aus...