a) HGB-Haftung
Rz. 31
Nach § 425 HGB haftet der Frachtführer für Verlust und Beschädigung der Güter in der Zeit von der Annahme bis zur Ablieferung sowie für Schäden, die durch Überschreitung der Lieferfrist entstehen. Die Haftung des Frachtführers ist eine Obhutshaftung, wobei es dahinstehen kann, ob diese verschuldensunabhängig ist oder besonders strengen Sorgfaltsanforderungen unterliegt. Nach den §§ 426, 427 HGB ist der Frachtführer von seiner Haftung befreit, wenn der Verlust, die Beschädigung oder Lieferfristüberschreitung auf Umständen beruht, die er auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte, oder wenn bestimmte im Gesetz näher definierte Haftungsausschlussgründe (vgl. § 427 HGB) eingreifen. Art und Höhe des vom Frachtführer zu leistenden Ersatzes richten sich nach den §§ 429 ff. HGB. Nach § 429 Abs. 1 HGB ist bei gänzlichem oder teilweisem Verlust der Wert des Gutes am Ort und zur Zeit der Übernahme zu ersetzen. Im Falle einer Beschädigung ist nach § 429 Abs. 2 HGB der Unterschiedsbetrag zwischen dem beschädigten und unbeschädigten Zustand zu ersetzen. Kennzeichnend für die Haftung des Frachtführers ist, dass er nur Wertersatz zu leisten hat, nicht jedoch Schadensersatz. Das bedeutet, dass der Frachtführer im Regelfall nicht für Güterfolgeschäden (Ausnahme: Schadensfeststellungskosten nach § 430 HGB) und reine Vermögensschäden mit Ausnahme des Verspätungsschadens einzustehen hat. Der Anspruch auf Naturalrestitution (§ 249 S. 1 BGB), auf Zahlung der erforderlichen Reparaturkosten (§ 249 S. 2 BGB) oder entgangenen Gewinn (§ 252 BGB) ist ausgeschlossen. Der danach zu leistende Ersatz ist der Höhe nach beschränkt; bei Güterschäden mit 8,33 Sonderziehungsrechten für jedes Kilogramm des Rohgewichts der Sendung und bei Verspätungsschäden mit dem Dreifachen der Fracht (Vergütung) als Haftungshöchstbetrag.
Darüber hinaus kennt das Frachtrecht eine Haftungshöchstgrenze für Schäden aus positiver Vertragsverletzung nach § 280 Abs. 1 BGB. Hier werden jedoch nur solche Schäden erfasst, die nicht aus einem Güter- oder Verspätungsschaden herrühren und bei denen es sich um andere Schäden als Sach- oder Personenschäden handelt. Die Haftung des Frachtführers für die hier erfassten Vermögensschäden ist auf das Dreifache des Betrags begrenzt, der bei Verlust des Gutes zu zahlen wäre, § 433 HGB.
Alle Haftungsbefreiungen und -begrenzungen gelten auch für konkurrierende Ansprüche aus unerlaubter Handlung gegen den Frachtführer und dessen Leute, §§ 434, 436 HGB. Haben der Frachtführer und dessen Leute jedoch vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein gehandelt, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, gelten die Haftungsbegrenzungen und -befreiungen nicht, § 435 HGB. In diesem Fall kann der Ersatz des vollen Schadens verlangt werden.
Die Verjährungsfrist beträgt gem. § 439 Abs. 1 HGB ein Jahr, bei qualifiziertem Verschulden drei Jahre.
Rz. 32
Für die anwaltliche Beratungspraxis ist von besonderer Bedeutung, dass von den Haftungs- und Verjährungsbestimmungen des Frachtrechts nur unter engen Voraussetzungen abgewichen werden darf.
Im Interesse eines wirksamen Verbraucherschutzes kann in den Fällen, wo Verbraucher Vertragspartner des Frachtführers sind, von den Haftungsbestimmungen nur zugunsten des Verbrauchers abgewichen werden, § 449 Abs. 3 HGB. Die Haftungsregeln schreiben hier Mindeststandards fest.
Im Übrigen, insbesondere im unternehmerischen Verkehr, können die haftungsrechtlichen Vorschriften durch eine Individualvereinbarung, nicht jedoch im Wege von vorformulierten Vertragsbedingungen (AGB) modifiziert werden, § 449 Abs. 1 HGB. Eine Ausnahme gilt insoweit nur für die Briefbeförderung und für den in § 431 Abs. 1 und 2 HGB vorgesehenen Haftungshöchstbetrag bei Güterschäden (nicht jedoch bei Verspätungsschäden).
Auf diese Besonderheit hat der Anwalt zu achten, da sie die Gestaltung vom Gesetz abweichender Haftungsvereinbarungen einschränkt. Wird der Anwalt mit der Konzeption eines Vertragsmusters beauftragt, handelt es sich regelmäßig um vorformulierte Vertragsbedingungen. Denn eine Individualvereinbarung liegt – wenn man die Rechtsprechung zur Parallelvorschrift in § 305 Abs. 1 S. 3 BGB heranzieht – nur dann vor, wenn der andere Vertragspartner die reale Möglichkeit erhalten hat, den Inhalt der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. In aller Regel schlägt sich eine solche Bereitschaft in erkennbaren Änderungen des Vertragstextes nieder. Zwingend ist dies aber nicht. Wird nach gründlicher Erörterung der Text unverändert übernommen, weil der Betroffene von der sachlichen Notwendigkeit überzeugt ist, kann der Vertrag als das Ergebnis eines Aushandelns gewertet werden. Auch Rahmenvereinbarungen können als Individualvereinbarungen getroffen werden, § 449 Abs. 1 S. 1 letzter Hs. HGB.
Eine solche Situation wird in der Regel für den Anwalt dann gegeben sein, wenn er selbst für seine Mandanten die Vertragsverhandlungen führt oder in diese einbezogen ist. Da die Bew...