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Im Rahmen der Logistik erbringen die Spediteure zunehmend auch Leistungen, die weder unter das gesetzliche noch unter das berufsständische Recht (ADSp) zu subsumieren sind. Es handelt sich hierbei um Leistungen, die auf die Produktion von Waren (Einbau von Decodern) oder den Handel mit Waren bezogen sind. Es ist ganz wichtig, ja von entscheidender Bedeutung für die Vertragsgestaltung, dass der Anwalt sich über die Reichweite der gesetzlichen Bestimmungen und damit über den Inhalt des Vertrags im Klaren ist. Die Abgrenzung ist auch deshalb problematisch, weil man immer prüfen muss, ob die Übernahme neuer Tätigkeitsfelder noch als vertragliche Nebenleistung zum Speditionsvertrag (Fracht- oder Lagervertrag) anzusehen ist oder ob die Grenze in neue rechtliche Betätigungsfelder (Werkleistung, Geschäftsbesorgung) überschritten wird. Hier stellt sich bei der Fülle der möglichen logistischen Leistungen, die im Rahmen einer Transport- und Logistikkette von einem Spediteur oder Logistiker übernommen werden, für den Anwalt nicht nur die Aufgabe, komplexe Leistungspakete in einem Vertragswerk zu einer rechtlichen Einheit zusammenzuführen, sondern auch die Aufgabe, das was die Vertragspartner mit der Vertragsbeziehung erreichen wollen, rechtlich exakt einzuordnen.[54]

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass ein solcher Vertrag Vertragsbestandteile hat, die man herkömmlich einem Speditions-, Fracht- aber auch anderen Vertragstypen zuordnen kann. Der Vertrag über logistische Leistungen ist insoweit ein "gemischter Vertrag",[55] in dem Elemente verschiedener Vertragstypen zu einer Einheit verbunden sind. Dies ist für die Lösung der bei gemischten Verträgen auftretenden rechtlichen Probleme wichtig. Denn kommt es bei einzelnen Tätigkeiten zu Leistungsstörungen, sind in der Regel jeweils die Regeln des Vertragstyps anzuwenden, für den die betreffende Leistung charakteristisch ist. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind dort zu machen, wo Rechtsfolgen nur einheitlich herbeigeführt werden können, z.B. im Hinblick auf die Beendigung des Vertrags. Hier sind die Vorschriften desjenigen Vertragstyps anzuwenden, der den Gesamtcharakter am stärksten bestimmt.

In einem Vertrag über logistische Dienstleistungen finden sich damit neben den klassischen Transportvertragstypen (Speditions-, Fracht-, Lagervertrag) vor allem Elemente der "herkömmlichen" BGB-Vertragstypen, insbesondere sind die Regeln über den Werk- und Geschäftsbesorgungsvertrag anzuwenden. Darüber hinaus können bei Logistik-Verträgen noch weitere Vertragstypen eine Rolle spielen,[56] z.B.:

Sachdarlehensrecht beim Einsatz und Tausch von Paletten,
Werkvertragsrecht bei Reparaturen,
Miet- und Pachtrecht bei der Überlassung von Grundstücken, Räumen, Containern und ähnlichen Lademitteln,
Kauf-, Miet- und "Leih"recht bei der Überlassung sachlicher Betriebsmittel und sonstiger "Hardware",
Lizenzrecht bei der Überlassung der Software und
arbeitsvertragliche Elemente, insbesondere Fragen der Arbeitnehmerüberlassung und der Übernahme von Personal (§ 613a BGB).
[54] Valder, TranspR 2008, 383.
[55] Temme, TranspR 2008, 374.
[56] Ausführlich: Pokrant/Gran, S. 201 ff., Rn 740 ff.

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