1. Definition des Frachtvertrags
a) Gesetz
Rz. 11
Nach § 407 HGB wird der Frachtführer durch den Frachtvertrag verpflichtet, das Gut zum Bestimmungsort zu befördern und dort an den Empfänger auszuliefern. Der Frachtführer schuldet damit einen Beförderungserfolg als Ortsveränderung, der durch eine Dienstleistung, den Transport, herbeigeführt werden soll. Der Frachtvertrag ist ein Sonderfall des Werkvertrags i.S.d. §§ 631 ff. BGB, die ergänzend anzuwenden sind. Das Frachtgeschäft ist allgemein in den §§ 407–450 HGB geregelt. Besondere Vorschriften enthalten die §§ 451–451h HGB für die Beförderung von Umzugsgut und die §§ 452–452d HGB für die Beförderung mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln (sog. multimodaler Transport).
Bei grenzüberschreitenden Transporten findet das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) Anwendung. Die CMR ist ein völkerrechtlicher Vertrag, dessen Bestimmungen nach Art. 41 CMR beidseitig zwingend gelten.
b) Transportbedingungen
Rz. 12
Frachtverträgen werden auch häufig Allgemeine Geschäftsbedingungen zugrunde gelegt. Zumeist werden die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp, vgl. Rdn 61), aktuell die ADSp 2017, vereinbart, die auch für Frachtverträge gelten.
2. Abschluss des Vertrags
Rz. 13
Der Abschluss eines Frachtvertrags ist formlos möglich. Er kann schriftlich (Vertragsurkunde, Briefe, Telex, Telefax) wie auch mündlich (telefonisch) abgeschlossen werden. Der Frachtvertrag ist ein Konsensualvertrag. Es gelten die allgemeinen Abschluss- und Auslegungsregeln.
In der Regel wird der Anwalt eine Rahmenvereinbarung entwerfen, die durch Einzelaufträge ausgefüllt wird, die den jeweiligen Auftragsgegenstand konkretisieren.
Rz. 14
Das Frachtrecht im HGB ist weitgehend dispositiv, so dass die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien in einem Vertrag ergänzend oder abweichend vom HGB gestaltet werden können. Eine Ausnahme gilt für die Haftungsregelungen (vgl. Rdn 31 ff.).
3. Pflichten des Frachtführers
a) Beförderungspflicht
Rz. 15
Zentrale Hauptpflicht des Frachtführers ist, die Beförderung des Gutes auszuführen. Er schuldet damit einen Beförderungserfolg, der auf die Ortsveränderung des Frachtguts gerichtet ist. Er hat diese Beförderungspflicht in der Regel innerhalb vereinbarter oder angemessener Lieferfristen zu erfüllen.
b) Ablieferungspflicht
Rz. 16
Als eigenständige Pflicht kann man auch die Verpflichtung zur Ablieferung des Gutes an den Warenempfänger ansehen. Dies liegt nahe, weil der Ablieferungsanspruch in Form eines Ladescheins verbrieft werden kann und dem Empfänger bestimmte Rechte mit dem Ankommen des Gutes am Ablieferungsort zustehen können. Die Ablieferungspflicht beinhaltet die Zurverfügungstellung des Gutes an den Empfänger.
c) Obhutspflichten
Rz. 17
Es gehört zu den Pflichten des Frachtführers, das Gut vor Schäden zu bewahren. Daraus ergibt sich allgemein die Verpflichtung, das Gut während der Obhutszeit (von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung) nach Möglichkeit und in zumutbarer Weise vor Schäden zu schützen. Dieser Grundsatz gilt unabhängig davon, wie im Einzelnen die Rechte und Pflichten der Parteien des Frachtvertrags im Gesetz, in Geschäftsbedingungen oder in einem individuell ausgehandelten Vertrag ausgestaltet sind.
d) Nebenpflichten des Frachtführers
Rz. 18
Den Frachtführer können auch aus dem Frachtvertrag heraus zahlreiche Nebenpflichten treffen. Diese können sich entweder aus der vertraglichen Vereinbarung oder teilweise auch aus dem Gesetz ergeben. Sie betreffen insbesondere:
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Be- und Entladen der Güter oder ein Mitwirken bei diesen Tätigkeiten; insbesondere im Bereich des regionalen Güterverkehrs (Zustellung und Abholung kleingewichtiger Sendungen) übernimmt der Frachtführer oftmals diese Aufgaben |
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Tausch von Mehrwegtransportverpackungen, insbesondere Paletten, |
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Einlagerung von Gütern, z.B. bei Beförderungs- und Ablieferungshindernissen |
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Verzollungstätigkeiten |
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Nachnahmen |
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Benachrichtigung von Absender oder Empfänger bei Leistungsstörungen, insbesondere bei Beförderungs- und Ablieferungshindernissen |
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Einholung von Weisungen, insbesondere bei Beförderungs- und Ablieferungshindernissen |
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Auskünfte |
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Rechenschaftslegung |
Es ist zu empfehlen, im Vertrag festzulegen, welche Nebenleistungen der Frachtführer stets, welche er in Einzelfällen zu erbringen hat. Abweichend von der in § 412 HGB bestehenden Rechtslage kann z.B. bestimmt werden, dass der Frachtführer das Fahrzeug zu be- und entladen hat. Das setzt aber in tatsächl...