I. Anordnung einer Umweltzone
1. Anfechtbare Maßnahmen
Rz. 6
Aktionspläne wie Luftreinhaltpläne sind nicht selbstständig anfechtbar. Sie sind rechtlich als Handlungspläne konzipiert, die in ihrer Rechtsnatur Verwaltungsvorschriften ähnlich sind und für Private und für Anlagenbetreiber weder Rechte noch Pflichten begründen.
Rz. 7
Gegenstand einer rechtlichen Überprüfung ist die nach außen wirkende Maßnahme der Anordnung einer Umweltzone nach § 40 BImSchG, die durch das Aufstellen der in Anlage 2 zur StVO in Lfd.-Nr. 44 bis 46 genannten Verkehrszeichen 270.1 und 270.2 sowie das Zusatzzeichen (Ge- oder Verbotsschild nach § 41 Abs. 2 S. 1 StVO) für Dritte Außenwirkung erlangt. Aktionspläne wie Luftreinhaltepläne sind inzident bei der Überprüfung der nach außen wirkenden Maßnahme der Anordnung einer Umweltzone zu kontrollieren.
2. § 40 Abs. 1 S. 1 BImSchG als Rechtsfolgenverweisung
Rz. 8
Da die Straßenverkehrsbehörde bei der Anordnung eines Fahrverbotes in einer Umweltzone an die Vorgaben eines Luftreinhalte- und Aktionsplanes gebunden ist, stellt die Verweisung auf die verkehrsrechtlichen Vorschriften in § 40 Abs. 1 S. 1 BImSchG eine Rechtsfolgenverweisung dar. Die in der Straßenverkehrsordnung genannten tatbestandlichen Voraussetzungen für das Aufstellen der Verkehrszeichen (insbesondere § 45 Abs. 1 StVO) müssen daher nicht erfüllt sein. Der Straßenverkehrsbehörde ist kein Ermessen eröffnet, wenn ein Luftreinhalte- oder -aktionsplan entsprechende verkehrsbeschränkende Maßnahmen vorsieht.
3. Klage gegen Anordnung einer Umweltzone
Rz. 9
Die bislang bekannt gewordenen Entscheidungen der erstinstanzlichen Verwaltungsgerichte über Klagen gegen Umweltzonen gingen bislang alle zu Lasten der Klagepartei aus. Auch die – soweit ersichtlich – erste obergerichtliche Entscheidung zur Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Umweltzone – des OVG Münster zur Umweltzone Köln – war für die Klagepartei nicht erfolgreich. Bei der letztgenannten Entscheidung war schon problematisch, dass die Fahrzeuge des Klägers grüne Plaketten erhalten hatten und in die Umweltzone einfahren dürfen. Damit war bereits fraglich, ob ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage gegen die Anordnung der Umweltzone bestand. Mit den Entscheidungen des OVG Lüneburg vom 12.5.2011 liegen nunmehr Berufungsurteile vor, die beide die Umweltzone Hannover betreffen. Auch hier wurden die Berufungen der Kläger zurückgewiesen, die sich gegen die Rechtmäßigkeit der Verkehrsbeschränkungen durch Anordnung einer Umweltzone gerichtet haben.
Rz. 10
Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Umweltzone ist ein sehr komplexer Vorgang, bei dem rechtliche und technische Frage ineinandergreifen. Die bislang hierzu vorliegenden Entscheidungen sind auch entsprechend umfangreich und anspruchsvoll. Hierbei kommt es entscheidend auf die örtlichen Verhältnisse an. Hinzu kommt, dass planerische Entscheidungen, die auf einer Prognose zukünftiger Tatsachen beruhen, einer gerichtlichen Überprüfung nur eingeschränkt zugänglich sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Frage offen gelassen, ob bei der Überprüfung auf den Zeitpunkt der Anordnung der verkehrsbeschränkenden Maßnahmen (dann müsste eine Aufhebung der Beschränkungen geltend gemacht werden) oder auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts abzustellen ist, mithin wie spätere Erkenntnisse gegen die fortdauernden verkehrsbeschränkenden Maßnahmen einzuwenden sind. Da der Luftreinhalteplan bei der Reaktion auf Grenzwertüberschreitungen auch im Wesentlichen prognostische Element enthält, liegt darin ein der Verwaltung eingeräumter Spielraum vor, in den die Rechtskontrolle nicht eingreifen darf. Juristisch fassbare Kernfrage ist auch hier, ob die Anordnung einer Umweltzone dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Es muss immer die Kontrollfrage gestellt werden, ob der angestrebte Erfolg nicht mit geringer eingreifenden Mitteln als dem Verbot für den Kraftfahrzeugverkehr in einem bestimmten Bereich, wobei bestimmte Schadstoffgruppen hiervon ausgenommen sind, erreicht werden kann. Geht es um die Überschreitung der Feinstaubwerte (PM 10) kann man kritisch hinterfragen, ob beispielsweise die Umweltzone ganzjährig angeordnet werden muss (wenn die Überschreitungen ausschließlich in der kälteren J...