Rz. 29
Die ganz überwiegende Zahl der Kündigungsschutzprozesse endet mit dem Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs. Hierbei werden häufig Ansprüche mitgeregelt, die bislang formal nicht Gegenstand des Verfahrens waren, z.B. die Abgeltung von Urlaubsansprüchen, Ansprüche aus betrieblicher Altersversorgung, Weihnachtsgratifikation, Zielvereinbarung, Bonus, Zeugnis, Aktienoptionen etc. Bei der Berechnung des der Einigungsgebühr zugrunde zu legenden Gegenstandswertes sind diese Ansprüche vollumfänglich zu berücksichtigen. Der Wert des Vergleichs übersteigt daher in der Regel den Wert des Verfahrens. Bei der Erstellung der Kostennote ist zu beachten, dass gem. Nr. 1000 VV RVG und Nr. 1003 VV RVG hinsichtlich der anhängigen Ansprüche eine 1,0-Gebühr, hinsichtlich der nicht anhängigen Ansprüche eine 1,5-Gebühr abzurechnen ist. Die Gesamtgebühr ist anschließend gem. § 15 Abs. 3 RVG zu ermitteln. Ferner ist für die vergleichsweise geregelten nicht anhängigen Ansprüche eine 0,8-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3101 Nr. 2 VV-RVG abzurechnen, für den anhängigen Teil des gerichtlichen Vergleichs fällt eine 1,3-Gebühr an. Auch hier ist die Obergrenze des § 15 Abs. 3 RVG zu beachten. Außerdem erhöht sich der für die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Nr. 2 VV RVG zugrunde gelegte Gegenstandswert um den Wert der nicht anhängigen Ansprüche.
Rz. 30
Gelegentlich nehmen Rechtsschutzversicherungen eine Quotelung der geltend gemachten Gesamtgebühren nach den Anteilen der ihrer Meinung nach versicherten Anträge vor. Sie berufen sich auf die Entscheidung des BGH vom 4.5.2005, die der herrschenden Meinung in der Literatur widerspricht.
Rz. 31
Der durch die Degression der Gebührensätze bedingte Vorteil soll einseitig den Versicherern auf Kosten der Versicherten zugutekommen. Begründet wird dies über die Auslegung der Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen. Hierbei stellt der BGH überzogene Anforderungen an die Rechts- und Verfahrenskenntnisse des "durchschnittlichen Versicherungsnehmers", dem nach Auffassung des Gerichts "ohne weiteres einsichtig" ist, "dass die Kosten, die zur Verfolgung seiner Rechte notwendig werden, bei Erteilung der Deckungszusage durch den Versicherer ihrem Umfang nach noch nicht feststehen".
Die Entscheidung des BGH ist auf die gewöhnlich auftretenden Konstellationen bei Kündigungsschutzklagen nicht anwendbar. Der BGH hat in der zitierten Entscheidung über die Quotelung der Rechtsanwaltsgebühren im Fall einer Zahlungsklage entschieden, die mit einer Widerklage durch die Gegenseite gekontert worden ist und die widerklagend geltend gemachten Zahlungsansprüche aus der Vorversicherungszeit stammten.
Nachfolgend wird beschrieben, wie der gerichtliche Vergleich gegenüber der Rechtschutzversicherung abgerechnet werden kann.