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Die 1999 in Kraft getretene Insolvenzordnung (InsO) hat in den Gebieten der früheren Bundesrepublik die frühere Konkurs- und Vergleichsordnung und in den sog. neuen Bundesländern die Gesamtvollstreckungsordnung, die auch nach der Wiedervereinigung bis ins Jahr 1999 fortgalt, abgelöst. Im Vordergrund stand und steht bei der InsO die Zielsetzung, das frühere nahezu funktionsunfähig eingestufte Konkursrecht durch ein modernes und zugleich gerechteres Recht zu ersetzen. Die wohl wichtigste Neuerung gegenüber dem bisherigen Konkursrecht war für die Insolvenzfälle natürlicher Personen ("Verbraucherinsolvenzverfahren") die sog. Restschuldbefreiung gem. §§ 286 ff. InsO. Die frühere Regelung der zeitlich unbegrenzten Forthaftung der Konkursschuldner führte in vielen Fällen dazu, dass sich die Schuldner aus dem Arbeitsleben zumindest offiziell "verabschiedeten", da sie bei hohen Schulden keine Chance hatten, irgendwann einmal wieder einen wirtschaftlichen Neuanfang zu starten. Die InsO sieht hier unter bestimmten Voraussetzungen und einer im Normalfall über sechs Jahre dauernden Nachhaftung mit dem pfändungsfreien Teil des Vermögens eine Restschuldbefreiung vor. Durch die Änderung der Insolvenzordnung im Jahr 2012 wurde es weitergehend ermöglicht, die Nachhaftung sogar auf nur drei Jahre zu begrenzen, falls der Schuldner es schaffen sollte, mindestens 35 % der Schulden im Insolvenzverfahren "abzubauen" (vgl. § 300 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Im Jahr 2012 wurde die InsO durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen weiter reformiert. Neu eingeführt wurde neben der Verkürzungsmöglichkeit der Nachhaftung des Schuldners auf drei Jahre insbesondere das sog. Schutzschirmverfahren gem. § 270b InsO, mit dem dem Schuldner im Zeitraum zwischen Insolvenzeröffnungsantrag und Verfahrenseröffnung ein eigenständiges Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung zur Verfügung gestellt wird. Im Jahr 2014 wurde mit dem "Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte" das Verbraucherinsolvenz- und das Restschuldbefreiungsverfahren umgestaltet. Natürliche Personen, insbesondere insolvente Existenzgründer und Verbraucher erhalten nunmehr seit dem 1.7.2014 schneller als bisher die Chance eines wirtschaftlichen Neuanfangs, wenn sie einen Teil ihrer Schulden sowie die Verfahrenskosten begleichen. Weiter gibt es nun auch ein Insolvenzplanverfahren für Verbraucher, d.h. einen weiteren Weg für Schuldner und Gläubiger, sich im Insolvenzverfahren über die Regulierung der Verbindlichkeiten zu einigen. Derzeit in der Bearbeitung ist eine Reform des Konzerninsolvenzrechts.

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