A. Grund- und Verfahrensgebühr
Rz. 1
Die Vergütung des Anwalts als Wahlverteidiger in Strafsachen richtet sich nach Teil 4 des Vergütungsverzeichnisses des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (VV RVG). Der Anwalt als Wahlverteidiger erhält für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall die Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG.
Die Bestimmung der angemessenen Gebühr erfolgt unter Berücksichtigung der Kriterien aus § 14 RVG nach billigem Ermessen. Für ein Abweichen von der grundsätzlich in Ansatz zu bringenden Mittelgebühr genügt es, dass eines der dort genannten Kriterien überdurchschnittlich ist.
Des Weiteren erhält der Anwalt für die außergerichtliche Tätigkeit die Verfahrensgebühr nach Nr. 4104 VV RVG. Wird das Mandat erst nach Zustellung eines Strafbefehls an den Mandanten oder nach Zustellung einer Anklageschrift erteilt, liegt keine außergerichtliche Tätigkeit mehr vor, so dass die Gebühr Nr. 4104 VV RVG nicht mehr anfällt.
B. Terminsgebühr nach Nr. 4102 VV RVG
Rz. 2
In verkehrsstrafrechtlichen Verfahren selten, aber möglich, ist der Anfall einer Terminsgebühr für die Teilnahme an einem Termin außerhalb der Hauptverhandlung (Nr. 4102 VV RVG).
C. Weitere Verfahrensgebühr
Rz. 3
Geht die Strafsache in ein gerichtliches Verfahren über, erhält der Verteidiger eine weitere Verfahrensgebühr, deren Höhe davon abhängt, welches Gericht zuständig ist. Im Verfahren vor dem Amtsgericht fällt eine Gebühr zwischen 40 EUR und 290 EUR (Nr. 4106 VV RVG) an. Ist das Landgericht zuständig, liegt die Verfahrensgebühr zwischen 50 EUR und 320 EUR (Nr. 4112 VV RVG).
D. Terminsgebühr für die Teilnahme an der Hauptverhandlung
Rz. 4
Auch die Höhe der Terminsgebühr bemisst sich danach, vor welchem Gericht der Hauptverhandlungstermin stattfindet, wobei für jeden Termin die Gebühr erneut entsteht. Für die Teilnahme an einer Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht fallen 70 EUR bis 480 EUR an. Die Terminsgebühr für landgerichtliche Verhandlungen liegt zwischen 80 EUR und 560 EUR (Nr. 4114 VV RVG) und für Termine vor dem Oberlandesgericht, dem Schwurgericht oder der Strafkammer nach den §§ 74a und 74c GVG zwischen 130 EUR und 930 EUR (Nr. 4120 VV RVG).
Nach Vorb. 4 Abs. 3 fällt die Terminsgebühr auch dann an, wenn der Anwalt zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet.
E. Zusätzliche Gebühr
Rz. 5
Nach Nr. 4141 VV RVG entsteht in folgenden vier Fällen eine zusätzliche Gebühr in Höhe der jeweiligen Mittelgebühr:
I. Strafverfahren wird nicht nur vorläufig eingestellt, Gebühr nach Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 1 VV RVG
Rz. 6
Die Gebühr entsteht, wenn das Strafverfahren aufgrund der Mitwirkung des Anwalts nicht nur vorläufig eingestellt wird, und zwar unabhängig davon, in welchem Verfahrensstadium die Einstellung erfolgt, solange eine (weitere) Hauptverhandlung aufgrund der Einstellung entbehrlich wird. Die Gebühr fällt daher nicht an, wenn die Einstellung erst im Hauptverhandlungstermin erfolgt.
Die Gebühr kann auch mehrfach anfallen:
Rz. 7
Muster 43.1: Erledigungsgebühr mehrfach/nach Hauptverhandlung
Muster 43.1: Erledigungsgebühr mehrfach/nach Hauptverhandlung
Ein mehrfacher Anfall der zusätzlichen Gebühr gemäß Nr. 4141/5115 VV RVG ist möglich. Wird das Verfahren außergerichtlich nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, sodann wieder aufgenommen und im gerichtlichen Verfahren nach § 153 StPO eingestellt, fällt die Erledigungsgebühr zweifach an (LG Offenburg JurBüro 1999, 82; AG Osnabrück AGS 2009, 113; AG Düsseldorf RVG-Report 2010, 301; AG Berlin-Tiergarten, Beschl. v. 26.2.2014 – (257 Ds) 261 Js 2796/12 (54/13)). Die Gebühr entfällt nicht deshalb, weil die Staatsanwaltschaft das Verfahren nach dessen Einstellung wieder aufnimmt.
Die zusätzliche Gebühr gemäß Nr. 4141/5115 VV RVG fällt auch dann an, wenn bereits ein Hauptverhandlungstermin stattgefunden hat und das Verfahren erst nach Durchführung dieses Termins eingestellt wird (BGH, Urt. v. 14.4.2011 – IX ZR 153/10).
Rz. 8
Problematisch ist die Durchsetzung der Einstellungsgebühr, wenn geschwiegen und deshalb eingestellt wird. Vorsorglich sollte daher immer bereits im Bestellungsschriftsatz gleichzeitig die Einstellung beantragt werden.
Rz. 9
Muster 43.2: Einstellungsgebühr durch Schweigen
Muster 43.2: Einstellungsgebühr durch Schweigen
Der BGH hat mit Urt. v. 20.1.2011 – IX ZR 123/10 – entschieden, dass der Rat des Verteidigers, in der Sache keine Aussage zu machen, die Voraussetzungen für die Annahme einer Mitwirkung i.S.d. Nr. 4141, 5115 VV RVG erfüllt. Die Auffassung wird von der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur geteilt (AG Charlottenburg AGS 2007 309,310; AG Düsseldorf, Urt. v. 10.10.2017 – 22 C 102/17; Burhoff, in Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl., Nr. 5115 Rn 6; Schneider, in: AnwK-RVG, 5. Aufl., Nr. 5115 Rn 32; Bischof/Uher, RVG, 3. Aufl., Nr. 5115–5116 Rn 30b; Mayer/Kroiß, RVG, 5. Aufl., Nr. 5100–5200 Rn 18; Hartmann, Kostengesetze, 49. Aufl., Nr. 5115 Rn 1; Hartung, in Hartung/Schons/Enders, RVG, Nr. 5115 Rn 9).
Dieser Rat wurde erteilt, ansonsten wäre eine Einlassung erfolgt. Aus der bloßen Bitte um Akteneinsicht ergibt sich, dass der Betroffene keine Einlassung ohne anwaltliche Mitwirkung abgeben wird. Sodann hat die Staatsa...