Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 840
§ 80 Abs. 1 BetrVG, erweitert durch BetrVG, beschreibt die sog. allgemeinen Aufgaben des Betriebsrates wie folgt:
▪ |
Nr. 1: Überwachung der Durchführung der zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen; |
▪ |
Nr. 2: Beantragung von Maßnahmen beim Arbeitgeber, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen; |
▪ |
Nr. 2a: Förderung der Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, insb. bei der Einstellung, Beschäftigung, Aus-, Fort- und Weiterbildung und dem beruflichen Aufstieg; |
▪ |
Nr. 2b: Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit; |
▪ |
Nr. 3: Entgegennahme von Anregungen von Arbeitnehmern und der Jugend- und Auszubildendenvertretung und, falls sie berechtigt erscheinen, Hinwirken auf eine Erledigung durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber; Unterrichtung der betreffenden Arbeitnehmer über den Stand und das Ergebnis der Verhandlungen; |
▪ |
Nr. 4: Förderung der Eingliederung Schwerbehinderter und sonstiger besonders schutzbedürftiger Personen; |
▪ |
Nr. 5: Vorbereitung und Durchführung der Wahl einer Jugend- und Auszubildendenvertretung und enge Zusammenarbeit mit dieser zur Förderung der Belange der Jugendlichen und Auszubildenden; Anforderung von Vorschlägen und Stellungnahmen von der Jugend- und Auszubildendenvertretung; |
▪ |
Nr. 6: Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer im Betrieb; |
▪ |
Nr. 7: Förderung der Integration ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb und des Verständnisses zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern sowie Beantragung von Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb; |
▪ |
Nr. 8: Förderung und Sicherung der Beschäftigung im Betrieb; |
▪ |
Nr. 9: Förderung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes und des betrieblichen Umweltschutzes. |
a) Systematik
Rz. 841
Das BetrVG regelt die Aufgaben und Befugnisse des Betriebsrates in einer Vielzahl von Einzelbestimmungen, insb. bei der näheren Ausgestaltung der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte in sozialen Angelegenheiten, bei der Ausgestaltung von Arbeitsplatz, Arbeitsablauf und Arbeitsumgebung, in personellen Angelegenheiten und in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Daneben finden sich allgemeine Vorschriften über Rechte und Pflichten des Betriebsrates in § 2 Abs. 1 BetrVG (vertrauensvolle Zusammenarbeit), § 74 BetrVG (Verhandlungs-, Einigungs- und Friedenspflicht, Verbot von parteipolitischer Betätigung) und § 75 BetrVG (Grundsätze für die Behandlung von Betriebsangehörigen).
Rz. 842
Über diese dort geregelten konkreten Befugnisse hinaus hat der Gesetzgeber in § 80 BetrVG einen allgemeinen Aufgabenkatalog erlassen, um damit festzulegen, in welchen Angelegenheiten er Initiativen vom Betriebsrat erwartet; er hat damit Aufgaben für den Betriebsrat festgelegt, die dieser unabhängig von einem konkreten Beteiligungsrecht erfüllen soll. Die Vorschrift dient der effektiven, über die Mitbestimmung in Einzelbereichen hinausgehenden Interessenwahrnehmung für die Arbeitnehmer des Betriebes. Der Katalog regelt die Aufgaben nicht abschließend; auch andere den Arbeitnehmern dienende Initiativen sind dem Betriebsrat gestattet, was sich schon aus § 80 Abs. 1 Nr. 3 mit der Aufgabe zur Entgegennahme von Anregungen ersehen lässt. Weitere Aufgaben regelt i.Ü. § 75 BetrVG.
b) Erforderliche Betriebsratstätigkeit
Rz. 843
Die in § 80 Abs. 1 BetrVG ausdrücklich genannten Aufgaben spielen insb. eine Rolle zur Begründung von Informationspflichten des Arbeitgebers ggü. dem Betriebsrat nach § 80 Abs. 2 BetrVG, zum Anspruch auf Hinzuziehung von sachkundigen Arbeitnehmern (seit 1.4.2017 § 80 Abs. 2 S. 4 BetrVG) sowie zum Anspruch auf Einschaltung von Sachverständigen (§ 80 Abs. 3 BetrVG). Darüber hinaus ist durch die gesetzliche Benennung als Aufgabe klargestellt, dass eine Beschäftigung des Betriebsrates mit den genannten Themen erforderliche Betriebsratstätigkeit darstellt mit der Folge, dass hierzu der Anspruch auf Freistellung der Betriebsratsmitglieder von der Arbeit (§ 37 Abs. 2 BetrVG), die Befassung auf Betriebsratssitzungen und Betriebsversammlungen, der Anspruch auf Teilnahme an entsprechenden Schulungsmaßnahmen (§ 37 Abs. 6 BetrVG) und die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers (§ 40 BetrVG) – natürlich in den Grenzen des Rücksichtnahmegebotes des Betriebsrates auf die Belange des Arbeitgebers und des Erforderlichkeits- und Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes – grds. nicht angezweifelt werden können.
c) Aufgaben, keine Rechte im engeren Sinn
Rz. 844
Die Vorschrift räumt dem Betriebsrat aber kein zusätzliches Mitbestimmungsrecht im Sinn einer Mitentscheidungsbefugnis ein, schon gar nicht das Recht, selbst durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebes einzugreifen. Diese Befugnis bleibt dem Arbeitgeber überlassen, der – obwohl er in § 80 BetrVG im Gegensatz zu § 75 BetrVG nicht ebenfalls als Adressat der aufgeführten Pflichten benannt ist – gehalten ist, auf die hier geregelten Anliegen zumindest einzugehen. Auch für die i.R.d. § 80 Abs. 1 BetrVG geäußerten Wünsche und Anregungen des Betriebsrates gilt, dass Arbeitgeber und Be...