Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 141
Erste Aufgabe des Wahlvorstandes ist es – neben der Bestellung eines Schriftführers, der die Niederschriften verantwortet und neben dem Vorsitzenden unterzeichnet, ggf. der Wahl eines stellvertretenden Wahlvorstandsvorsitzenden und der Festlegung, dass Sitzungen auch in Video- oder Telefonkonferenz stattfinden können –, die Betriebsadresse festzulegen. Diese Anschrift soll so gestaltet sein, dass schriftliche Erklärungen auf postalischem Weg, aber auch durch Abgabe im Betrieb (z.B. Anforderung der schriftlichen Stimmabgabe, Einsprüche gegen die Wählerliste, Abgabe der Briefwahlkuverts) den Wahlvorstand zuverlässig erreichen. Zusätzlich sollte eine E-Mail-Adresse angegeben sein. Bei einer bloßen Postfach-Ablage im Empfangsbereich oder in der Poststelle geht ein Schreiben an den Wahlvorstand noch nicht mit der Einlage in diesen Postbereich zu, sondern erst mit Abholung oder Weiterleitung ins Wahlvorstandsbüro oder Aushändigung an den Vorsitzenden des Wahlvorstandes oder ein vom Wahlvorstand beauftragtes Mitglied oder an einen anderen Empfangsboten, wenn das Büro des Wahlvorstands oder eines seiner Mitglieder als Betriebsadresse angegeben ist. Anderes gilt dann, wenn der Wahlvorstand gerade diese Poststelle, den Empfangsbereich oder die Pforte als Adresse angegeben hat. Dann ist er dafür verantwortlich, die dort eingegangenen oder abgegebenen Erklärungen auch rechtzeitig entgegenzunehmen. Günstig wäre ein Briefkasten am oder im Wahlvorstandsbüro oder am Schreibtisch des Wahlvorstandsvorsitzenden oder auch in der Poststelle oder im Empfangsbereich. Der Wahlvorstand ist dafür verantwortlich, dass der Briefkasten oder das Postfach mindestens einmal täglich und jedenfalls zum Dienstzeitende geleert wird. Gegen Ende der Einreichungsfrist für Wahlvorschläge muss für ständige Leerung/Beobachtung gesorgt werden, damit die Prüfung dieser Wahlvorschläge unverzüglich erfolgen kann. Fehlt die genaue Raumanschrift des Büros, kann dies je nach den örtlichen Verhältnissen unschädlich sein (BAG v. 28.4.2021 – 7 ABR 10/20, juris).
Rz. 142
Die Mitarbeiter werden durch den Wahlvorstand über seine Bestellung und die Betriebsadresse (unverzüglich, damit die Gewerkschaften nichtstimmberechtigte Mitglieder entsenden können) und über den Ablauf der Wahlen (Wahlausschreiben, Aushänge der Vorschlagslisten u.Ä.) durch Aushang an geeigneten Stellen im Betrieb informiert. Die Orte der Aushänge sind so zu wählen, dass möglichst alle Mitarbeiter, soweit sie nicht im Außendienst sind, unproblematisch Gelegenheit zur Kenntnisnahme haben. Ausreichend ist etwa dann, wenn üblicherweise alle Mitarbeiter in die Kantine gehen, der Aushang am Eingang zur Kantine (ein Aushang in der "Kaffee-Ecke" genügt dagegen nicht, wenn es mehrere Pausenräume gibt, LAG Baden-Württemberg v. 10.6.2020 – 4 TaBV 5/19, juris); ausreichend ist auch der Aushang bei den Stempeluhren, wenn die Arbeitnehmer sich dort an- und abmelden müssen. Ansonsten ist in größeren Betrieben ein Aushang in jedem Stockwerk anzuraten, auch ein Aushang in jeder abgegrenzten Organisationseinheit. Fehlt in einer Betriebsstätte ein Aushang, ist die Wahl anfechtbar (BAG v. 5.5.2004 – 7 ABR 44/03, juris). Dies kann in Betrieben mit vielen Einheiten – etwa Filialen im Einzelhandel – zu Schwierigkeiten führen; dennoch kann hier auf den Aushang in jeder Filiale nicht verzichtet werden. Es empfiehlt sich, dass der Wahlvorstand sich den Aushang in solchen Fällen durch beauftragte Wahlhelfer telefonisch oder per Mail bestätigen lässt. Der Aushang kann auch nicht durch eine postalische Zusendung des Wahlausschreibens an alle Arbeitnehmer ersetzt werden (LAG Köln v. 11.4.2003 – 4[13] TaBV 63/02, juris; LAG Köln v. 16.8.2012 – 7 TaBV 20/12, juris: auch dann nicht, wenn zusätzlich der Aushang im Wahlvorstandsbüro erfolgt, das im Privathaus des Wahlvorstandsvorsitzenden eingerichtet ist). Diese Orte für die Aushänge müssen sorgfältig festgelegt und immer am selben Tag bedient werden – wird ein Aushang versäumt oder verspätet, kann dies zur Anfechtbarkeit der Wahlen führen (LAG Düsseldorf v. 3.12.2002 – 3 TaBV 40/02, weil die im Aushang festgelegten Fristen nicht mehr zutreffen).
Rz. 143
Der Aushang kann ersetzt werden durch eine Bekanntmachung in ausschließlich elektronischer Form (§ 2 Abs. 4 S. 4, § 3 Abs. 4 S. 3 WO). Dies gilt allerdings nur, wenn alle Arbeitnehmer hiervon Kenntnis nehmen können, also wenn alle Arbeitnehmer auch am Bildschirm arbeiten. Wegen der einzuhaltenden Fristen ist zu gewährleisten, dass die elektronische Versendung an alle Arbeitnehmer am selben Arbeitstag innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit des Betriebs versandt wird. Wird zusätzlich zum Papieraushang elektronisch versandt, kommt es für die Berechnung der Fristen allein auf den Papieraushang an.
Rz. 144
Der Wahlvorstand legt einen vorläufigen Wahltermin fest, der möglichst zwei Wochen vor Ende der Amtszeit des bestehenden Betriebsrates liegen soll. Soweit dieses Amtszeit-Ende nicht bekannt ist, empfiehlt es sich, innerhalb...