Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 133
Wahlvorstandsmitglieder können ihr Amt niederlegen. Einen Rücktritt des Gremiums wie beim Betriebsrat durch Beschluss mit absoluter Mehrheit gibt es dagegen nicht. Sobald der Wahlvorstand eingesetzt ist, genießen seine Mitglieder Kündigungsschutz nach § 103 Abs. 1 und Abs. 3 BetrVG. Das bedeutet, dass sie nur mit Zustimmung des Betriebsrates – soweit dieser noch im Amt ist – gekündigt oder auf eine Stelle, auf der sie nicht mehr wahlberechtigt sind (z.B. in einen anderen Betrieb), versetzt werden können. Die Zustimmung kann nach § 103 Abs. 2 BetrVG durch das ArbG ersetzt werden. Existiert noch kein Betriebsrat oder ist dieser nicht mehr im Amt (und führt auch die Geschäfte nicht mehr weiter), kann bzw. muss unmittelbar ein Zustimmungsersetzungsverfahren vor dem ArbG durchgeführt werden; erst nach dessen Rechtskraft könnten Kündigung oder Versetzung ausgesprochen werden (so jetzt ausdrücklich § 103 Abs. 2a BetrVG). Der Sonderkündigungsschutz beginnt mit Verkündung der Entscheidung bei Bestellung durch das Gericht (nicht erst mit Rechtskraft, BAG v. 26.11.2009 – 2 AZR 185/08, juris). Keinen Schutz hat allerdings ein Bewerber für den Wahlvorstand, solange er nicht gewählt ist. Er ist kein "Wahlbewerber" i.S.d. § 15 KSchG (BAG v. 31.7.2014 – 2 AZR 505/13, juris).
Rz. 134
Unabhängig davon können Wahlvorstandsmitglieder während ihrer "Amtszeit" und bis sechs Monate nach Ablauf der Amtszeit des Wahlvorstandes nach § 15 Abs. 3 KSchG nur außerordentlich gekündigt werden, soweit nicht der Betrieb oder die Betriebsabteilung stillgelegt wird und eine Übernahme in eine andere Betriebsabteilung aus betrieblichen Gründen nicht möglich ist (§ 15 Abs. 4 und 5 KSchG).
Rz. 135
Der Betriebsrat kann einen einmal bestellten Wahlvorstand nicht mehr absetzen oder ersetzen (jetzt auch ausdrücklich LAG Berlin-Brandenburg v. 7.12.2016 – 15 TaBV 1683/16, juris). Ist der Wahlvorstand fehlerhaft bestellt, sind die Beteiligten nicht notwendigerweise auf die Anfechtung der Wahl zu verweisen. Vielmehr können Feststellung der Unwirksamkeit des Bestellungsaktes und ggf. Abbruch der Wahl auch über eine einstweilige Verfügung beim ArbG erreicht werden (LAG Nürnberg v. 30.3.2006 – 6 TaBV 19/06, juris; anders BAG v. 27.7.2011 – 7 ABR 61/10, juris: nur bei Nichtigkeit der Bestellung; ebenso LAG Schleswig-Holstein v. 5.4.2012 – 4 TaBVGa 1/12, juris; LAG Hamm v. 6.9.2013 – 7 TaBVGa 7/13, juris).
Rz. 136
Die Wahlvorstandsmitglieder sind von ihrer betrieblichen Tätigkeit in erforderlichem Umfang ohne Minderung des Arbeitsentgeltes freizustellen (§ 20 Abs. 3 BetrVG). Der Arbeitgeber muss gem. § 20 Abs. 3 S. 1 BetrVG die erforderlichen Kosten des Wahlvorstandes tragen und in entsprechender Anwendung des § 40 Abs. 2 BetrVG in erforderlichem Umfang Räume und Sachmittel zur Verfügung stellen. Zu den zu ersetzenden Kosten zählen auch notwendige Fahrtkosten z.B. zum Aushang des Wahlausschreibens in einem entfernten Betriebsteil oder zur Durchführung einer auswärtigen Stimmabgabe sowie notwendige Schulungskosten für Wahlvorstandsmitglieder. Zu ersetzen sind auch Kosten eines Rechtsanwaltes etwa für die gerichtliche Durchsetzung von Auskünften des Arbeitgebers.