Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 249
Schriftliche Stimmabgabe ist für Arbeitnehmer vorgesehen, die sich "zum Zeitpunkt der Wahl" nicht im Betrieb befinden. Dabei hat der Wahlvorstand, dem bekannt ist, dass Arbeitnehmer "nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses" voraussichtlich am Wahltag nicht im Betrieb anwesend sein werden, diesen automatisch die Briefwahlunterlagen zuzusenden. Dies betrifft
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Außendienstler, Montagearbeiter, |
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Telearbeitnehmer, Heimarbeiter, |
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freigestellte Arbeitnehmer, soweit sie wahlberechtigt sind, |
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Arbeitnehmer im Auslandseinsatz, |
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Arbeitnehmer, die vorübergehend in andere Betriebe abgeordnet sind, |
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Arbeitnehmer, die sich wegen Kurzarbeit am Wahltag nicht im Betrieb aufhalten, |
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Arbeitnehmer, die am Wahltag schichtfrei haben, |
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Arbeitnehmer, die zwar am Wahltag, aber zu Zeiten eingeteilt sind, zu denen eine Wahllokal nicht geöffnet ist (z.B. bei Nachtschicht), |
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Arbeitnehmer in Betriebsteilen und Kleinbetrieben, für die nach § 24 Abs. 3 WO obligatorische schriftliche Stimmabgabe angeordnet worden ist. |
Rz. 250
Nicht gemeint sind Arbeitnehmer, die im Urlaub oder länger krank sind (dies hat mit der "Eigenart ihrer Beschäftigung" nichts zu tun). Dasselbe wird für Arbeitnehmer im Mutterschutz gelten, ebenso für Elternzeit, Sonderurlaub oder andere aus persönlichen Gründen bestehende Abwesenheit vom Betrieb.
Rz. 251
Bei Abwesenheit aus persönlichen Gründen ist die Zusendung nach den Änderungen der WO im Jahr 2021 nur dann ohne deren Verlangen zulässig, aber auch zwingend geboten, wenn dem Wahlvorstand bekannt ist, dass sie vom Zeitpunkt des Wahlausschreibens bis zum Wahltag voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden, etwa bei Ruhen des Arbeitsverhältnisses – etwa wegen Elternzeit oder Bezug von Erwerbsminderungsrente – oder wegen langen Urlaubs oder wegen langdauernder Arbeitsunfähigkeit (Einzelheiten vgl. Rdn 198 ff.). Es ist vom Wahlvorstand hierfür erneut eine Prüfung anzustellen, weil sich die Verhältnisse nunmehr anders darstellen können als im Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens.
Rz. 252
Bei anderer Abwesenheit – etwa Arbeitsunfähigkeit, Urlaubnahme oder Elternzeit, die erst nach Erlass des Wahlausschreibens begonnen haben, ist die Zusendung nur auf Verlangen des Arbeitnehmers zulässig. Versendet der Wahlvorstand auch an diese Arbeitnehmer die Unterlagen ohne Verlangen, ist die Wahl wohl schon deswegen anfechtbar, weil davon auszugehen ist, dass diese Arbeitnehmer ohne die automatische Zusendung ihre Stimme nicht abgegeben hätten; in jedem Fall gilt dies, wenn er dies nicht bei allen Arbeitnehmern gleichmäßig macht. Ist ein Arbeitnehmer zwar am Wahltag im Betrieb, nicht aber im Wahlzeitraum – und auch nicht so, dass seine Arbeitszeit mit dem Beginn des Wahlzeitraums endet oder mit dem Ende des Wahlzeitraums beginnt –, dann wird nach Sinn und Zweck der Vorschrift die Alternative "wegen der Eigenart seines Beschäftigungsverhältnisses" erfüllt sein, sodass der Wahlvorstand solchen Arbeitnehmern die Wahlunterlagen von Amts wegen zuzusenden hat (so auch DKW/Homburg, § 24 WO Rn 15; a.A. GK/Jacobs, § 24 WO Rn 10: Schichtdienstleistende sind nicht wegen der Eigenart des Beschäftigungsverhältnisses nicht im Betrieb). Nicht unter den Fall der "Eigenart des Beschäftigungsverhältnisses" fällt, wenn der Arbeitnehmer zufällig am Tag der Wahl eine Dienstreise anzutreten oder Schulung zu absolvieren hat. Anderes gilt aber, wenn regelmäßige Dienstreisen zu den Aufgaben des Arbeitnehmers gehören. Auch nicht betroffen sind Arbeitnehmer, die nach eigener Wahl immer wieder im Home-Office tätig sind, ohne dass mit dem Arbeitgeber feste Tage vereinbart sind. Anderes gilt wiederum, wenn sie i.d.R. mobil arbeiten und nur an einzelnen Tagen im Betrieb erscheinen.
Rz. 253
Bei der Prüfung und vor der Beschlussfassung, ob die Wahlunterlagen vom Wahlvorstand ohne diesbezüglichen Antrag des Arbeitnehmers zu versenden sind, kann der Wahlvorstand vom Schicht- oder Einsatzplan des Arbeitgebers für den betreffenden Zeitraum ausgehen. Es empfiehlt sich für den Wahlvorstand, sich in diesem Fall rechtzeitig die Schichteinteilung vom Arbeitgeber geben zu lassen, damit die Wahlunterlagen noch versandt und auf dem Postweg wieder rechtzeitig zurückversandt werden können (a.A. Richardi/Forst, § 24 WO Rn 7: Versendungspflicht nur, wenn jemand regelmäßig nicht im Betrieb anwesend ist). Bei späteren Änderungen des Schichtplans, mit denen nicht zu rechnen war, wird man eine Beantragung durch den Arbeitnehmer verlangen müssen, selbst wenn sein geänderter Einsatz aus betrieblichen Gründen erfolgen sollte.
Rz. 254
Unzulässig ist es, wenn Mitglieder des Wahlvorstands abwesenden Arbeitnehmern die Wahlunterlagen "ins Haus" bringen, sie dort unterzeichnen lassen und sofort wieder mitnehmen. Hier besteht zumindest der Anschein der Beeinflussung. Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn Bewerber oder Unterstützer kranke Arbeitnehmer anrufen oder aufsuchen und sie überzeugen, die Briefwahlunterlagen zu beantragen. Dies gilt allerdings nur da...