Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 1101
Das Mitbestimmungsrecht besteht nur dann, wenn im Unternehmen mehr als zwanzig wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sind. Die Reichweite des Mitbestimmungsrechts ist im Zuge der Reform 2001 – vorher kam es auf die Beschäftigtenzahl des Betriebes an – durch das Abstellen auf die Größe des Unternehmens erheblich ausgeweitet worden. Abzustellen ist auf die Zahl der regelmäßig beschäftigten wahlberechtigten Arbeitnehmer. Unerheblich ist, wie viele Arbeitnehmer gerade im Zeitpunkt der Einstellung oder Versetzung beschäftigt sind. Unerheblich ist auch, für welche Betriebsgröße der Betriebsrat gewählt worden ist. Unerheblich ist, ob die regelmäßige Beschäftigung in Vollzeit oder Teilzeit erfolgt. Soll ein 21. Arbeitnehmer auf Dauer eingestellt werden, zählt er für die Größe noch nicht (Fitting, § 99 BetrVG Rn 12; Richardi/Thüsing, § 99 Rn 16).
Rz. 1102
Leiharbeitnehmer sind nach der Novellierung des AÜG zum 1.4.2017 gemäß § 14 Abs. 2 S. 4 AÜG für die Betriebsgröße – mit Ausnahme des § 112a BetrVG – zu berücksichtigen (vgl. hierzu schon BAG v. 18.10.2011 – 1 AZR 335/10, juris). Sinkt die Beschäftigtenzahl im Unternehmen dauerhaft auf zwanzig oder weniger, besteht kein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG mehr. Ein noch laufendes Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG erledigt sich (GK/Raab, § 99 Rn 12; a.A. DKW/Bachner, § 99 Rn 9).
Rz. 1103
Das Mitbestimmungsrecht darf durch Abmachungen der Betriebsparteien – häufig einigen sich Arbeitgeber und Betriebsrat in Großbetrieben etwa darauf, dass Versetzungen immer dann gegeben seien, wenn die Kostenstelle wechselt – nicht in seiner Substanz beeinträchtigt werden. Eine Betriebsvereinbarung, die vorsieht, dass der Einsatz von bis zu 30 % Zeitarbeitnehmern gegenüber dem Stammpersonal jederzeit und dauerhaft ohne Zustimmung des Betriebsrats im Einzelfall zulässig ist, ist daher unwirksam (LAG Hessen v. 3.11.2011 – 5 TaBV 70/11, juris).
Rz. 1104
Hinweis
Auch dann, wenn dasjenige Unternehmen, in dem der Arbeitnehmer angestellt ist, nicht regelmäßig mehr als zwanzig Arbeitnehmer beschäftigt, kann die Mitbestimmungspflicht nach § 99 BetrVG gegeben sein. Trotz des vom BAG selbst festgestellten eindeutigen und nicht auslegbaren anderweitigen Gesetzeswortlautes ist beim gemeinsamen Betrieb auf die Beschäftigtenzahl dieses gemeinsamen Betriebes abzustellen; § 99 BetrVG ist danach analog anzuwenden, weil mit der Beschränkung des Mitbestimmungsrechtes in § 99 BetrVG der besonderen Interessenlage der Arbeitgeber in kleinen Einheiten Rechnung getragen werden sollte, weil dort i.d.R. noch von einer engen persönlichen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern auszugehen ist (BAG v. 29.9.2004 – 1 ABR 39/03, juris, für Einstellungen und Versetzungen mit ausdrücklichem Offenlassen, ob dies auch für Ein- und Umgruppierungen gelten soll; die denkbare Begründung dafür, warum für Ein- und Umgruppierungen anderes gelten sollte – Ein- und Umgruppierungen sind im Verhältnis zum Vertragsarbeitgeber vorzunehmen –, dürfte als Differenzierungskriterium nicht ausreichen).