Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 66
Aus § 21 S. 1 BetrVG ergibt sich auch, dass Betriebsräte – gemeint: das Betriebsratsgremium, nicht aber Gesamt- oder Konzernbetriebsrat – eine feste Amtszeit haben. Sie haben Anspruch auf Ableistung ihrer vollen 4 Jahre. Dies gilt aber nur, wenn sie im "Wahlkorridor" gewählt sind, also im Zeitraum 1.3. bis 31.5. im Wahljahr (2018, 2014, 2010 usw.). Auch wenn der Betriebsrat nur noch die Geschäfte weiterführt – wobei er alle vollen Rechte hat –, besitzt er keine Amtszeit, selbst wenn die Neuwahlen erst im Wahlzeitraum abgehalten werden (also z.B. wenn die Zahl der Betriebsratsmitglieder unter Einschluss der Ersatzmitglieder nicht mehr die gewählte Organstärke erreicht hatte).
Rz. 67
Dieses Amtszeitende ist entscheidend für die Frage, welcher Betriebsrat in welcher Besetzung zur Ausübung der Mitbestimmungsrechte zusammentreten muss. Es ist auch entscheidender Stichtag für Bestehen und Auslaufen des Kündigungsschutzes der bisherigen Betriebsratsmitglieder. Läuft die Amtszeit des alten Betriebsrates am Tag der Betriebsratswahl noch, dann kann der neue Betriebsrat seine Arbeit mit rechtlicher Wirkung erst dann aufnehmen, wenn die Amtszeit des alten abgelaufen ist (interne Vorbereitungen wie Wahl des Vorsitzenden, Bestellung der Ausschüsse, Beschließen einer Geschäftsordnung können aber auch schon vor Beginn der Amtszeit vorgenommen werden). Andererseits ist der alte Betriebsrat nach seinem Amtszeitende nicht mehr zuständig und seine Handlungen nichtig, selbst wenn die Wahl des neuen Betriebsrates unmittelbar bevorsteht oder unterbleibt (a.A. für diese Konstellation wohl nur Richardi/Thüsing, § 21 Rn 13: Handlungen des alten Betriebsrats seien noch bis 31.5. des Wahlzeitraums möglich).
Rz. 68
Hinweis
Es ist also nötig, den Ablauf der Amtszeit des alten Betriebsrates zu berechnen. Dabei liegt das Ende von dessen Amtszeit vier Jahre nach deren Beginn. Die Amtszeit des im Jahr 2018 gewählten Betriebsrates kann frühestens mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses des 2014er Betriebsrates begonnen haben – allerdings nur dann, wenn damals nicht die Amtszeit des 2010er Betriebsrates noch gelaufen ist. Um dies festzustellen, muss man die Amtszeit des 2006er Betriebsrates berücksichtigen usw. Letztlich muss man die Betriebsratswahlen bis zur erstmaligen Wahl zurückverfolgen, außer, wenn eine Zwischenwahl außerhalb des Wahlkorridors (1.3. bis 31.5. des Wahljahres) stattgefunden hat oder der Betriebsrat nur noch geschäftsführend im Amt war (etwa weil die Zahl der Betriebsratsmitglieder unter die erforderliche Anzahl gesunken ist, § 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG). Ein solcher "nicht-regelmäßiger" Betriebsrat hat keine eigene Amtszeit. In diesem Fall ist im nächsten Wahlkorridor wieder neu zu wählen, sodass etwa bei einer Wahl im Jahr 2011 die Amtsbefugnisse mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses des 2014er Betriebsrates enden, spätestens – wenn die Wahl versäumt wird – am 31.5.2014 (Ablauf der Wahlzeit gem. § 21 S. 4 BetrVG). Die längstmögliche "Amtszeit" erreicht der Betriebsrat nach § 13 Abs. 3 S. 2 BetrVG dann, wenn er zu Beginn des Wahlkorridors noch nicht ein Jahr im Amt war; dann ist erst wieder im übernächsten Wahlkorridor zu wählen (Wahl und Bekanntgabe des Wahlergebnisses 1.3.2017: Amtszeit bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses des 2022er Betriebsrates, spätestens – falls bis dahin kein neues Ergebnis bekannt gemacht ist – 31.5.2022).