Rz. 1077

Arbeitgeber und Betriebsrat haben nach § 96 Abs. 1 BetrVG gemeinsam mit den für die Berufsbildung und den für die Förderung der Berufsbildung zuständigen Stellen die Berufsbildung der Arbeitnehmer zu fördern. Dabei kann der Betriebsrat verlangen, dass der Arbeitgeber den Berufsbildungsbedarf ermittelt; er hat hierbei auch die Pflicht, sich entsprechende Informationen zu verschaffen (LAG Hamburg v. 31.10.2012 – 5 TaBV 6/12, juris). Hierzu gehört gem. § 96 Abs. 2 BetrVG auch die Pflicht, darauf zu achten, dass den Arbeitnehmern die Teilnahme an den Maßnahmen der Berufsbildung ermöglicht wird, wobei auch die Belange älterer Arbeitnehmer, Teilzeitbeschäftigter und diejenigen von Arbeitnehmern mit Familienpflichten zu berücksichtigen sind. Der Betriebsrat hat hinsichtlich der Berufsbildungsmaßnahmen ein Initiativrecht ggü. dem Arbeitgeber. Ihm steht außerdem nach § 96 Abs. 1 S. 2 BetrVG ein Vorschlagsrecht zu, welches er bzgl. aller Fragen der Berufsbildung der Arbeitnehmer des Betriebes ausüben kann. Nach der Neufassung des § 96 Abs. 1 S. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber auf Verlangen des Betriebsrates gemeinsam mit diesem auch den Berufsbildungsbedarf zu ermitteln. Damit bezieht sich das Vorschlagsrecht des Betriebsrates auch schon auf die Frage, ob die Arbeitnehmer des Betriebes mehr Berufsbildung benötigen.

 

Rz. 1078

Nach dem durch das BetriebsrätemodernisierungsG vom 14.6.2021 eingeführten § 96 Abs. 1a BetrVG kommt, wenn Arbeitgeber und Betriebsrat im Rahmen der Beratung über die Förderung der Berufsbildung keine Einigung erzielen, die Anrufung der Einigungsstelle in Betracht. Sie kann vom Arbeitgeber oder vom Betriebsrat angerufen werden. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Betriebsparteien zu versuchen – sie hat aber keine Entscheidungsbefugnis. Die neu eingeführte Bestimmung soll die Rolle des Betriebsrats in Bezug auf die notwendige Qualifizierung der Mitarbeiter stärken. Im Fall der Nichteinigung über den Einigungsstellenvorsitz und die Zahl der Beisitzer kann – trotz der fehlenden Verweisung in § 100 Abs. 1 S. 1 ArbGG – die Einigungsstelle durch das ArbG eingerichtet werden.

 

Rz. 1079

Individuelle Ansprüche der Arbeitnehmer auf berufliche Fortbildung erwachsen jedoch aus diesen Pflichten nicht. Auch Ansprüche auf Freistellung von der Arbeitspflicht oder auf Übernahme der anfallenden Kosten können die Arbeitnehmer aus diesen Vorschriften nicht geltend machen. Die Wahrnehmung der Beteiligungsrechte in Bezug auf Leiharbeitnehmer steht dem Betriebsrat des Verleihbetriebes zu (LAG Hamburg v. 31.10.2012 – 5 TaBV 6/12).

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