Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 74
Der Beschluss zum Rücktritt (§ 13 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG) muss in ordnungsgemäßer Sitzung gefasst werden. Erforderlich ist die absolute Mehrheit der Stimmen, d.h. bei einem Betriebsrat mit 13 Mitgliedern müssen mindestens sieben für einen Rücktritt gestimmt haben. Dies gilt selbst dann, wenn nur neun Betriebsratsmitglieder anwesend waren. An der Abstimmung müssen sich nicht nur ordentliche Betriebsratsmitglieder beteiligen, im Verhinderungsfall – auch bei vorübergehender Verhinderung – haben die entsprechenden Ersatzmitglieder volles Stimmrecht. An einer ordnungsgemäßen Sitzung kann es allerdings fehlen, wenn die Sitzung bewusst auf einen Zeitpunkt gelegt wird, in dem bestimmte Betriebsratsmitglieder nicht anwesend sein können.
Rz. 75
Auch sind hohe Anforderungen an die Rechtzeitigkeit der Ladung zu einer solchen Sitzung zu stellen, so dass etwa eine vier Tage vor der Sitzung erfolgte Einladung, bei der sich ein Betriebsratsmitglied (noch dazu von einer anderen Liste, das über die Geschlechterquote in den Betriebsrat gelangt war) schon in einem zweiwöchigen Urlaub befand, zur Unwirksamkeit des Rücktrittsbeschlusses (in diesem Zeitpunkt war das Betriebsratsmitglied immer noch in Urlaub) führen wird. Da der Rücktritt in keinem Fall eilbedürftig sein wird, kann eine Ladung nur rechtzeitig sein, wenn auch auf die Abwesenheit der ordentlichen Betriebsratsmitglieder angemessen Rücksicht genommen ist. Allerdings: Nach der geänderten Rechtsprechung des BAG (BAG v. 15.4.2014 – 1 ABR 2/13 (B), juris) können die letztlich anwesenden Betriebsratsmitglieder einstimmig die Tagesordnung ergänzen. Ist dies geschehen, kann man die Unwirksamkeit nur über die Feststellung von Rechtsmissbrauch begründen. Fraglich ist, ob der Rücktrittsbeschluss von den – im Zeitpunkt der Beschlussfassung verhinderten – Mitgliedern angefochten werden muss – dies erscheint als vorzugswürdig – oder ob sich auch Dritte (wie etwa der Arbeitgeber, der sich gegen die Einsetzung eines Wahlvorstands für Neuwahlen wendet) auf die Unwirksamkeit eines solchen fehlerhaft gefassten Beschlusses berufen können.
Rz. 76
Gründe für den Rücktritt sind nicht zu prüfen und unerheblich. Der Beschluss zum Rücktritt des gesamten Betriebsrates ist von der Amtsniederlegung einzelner Betriebsratsmitglieder, die ggü. dem Betriebsratsvorsitzenden zu erklären ist und auch in einer Sitzung erfolgen kann, strikt zu unterscheiden. Auch die kollektive Amtsniederlegung aller Betriebsratsmitglieder und Ersatzmitglieder kann mangels eines förmlichen Beschlusses allenfalls beim aus einer Person bestehenden Betriebsrat (früher: "Betriebsobmann") als Rücktritt des Gremiums interpretiert werden, wenn ein Ersatzmitglied nicht vorhanden ist (a.A. Fitting, § 13 BetrVG Rn 41: I.d.R. als Rücktritt zu werten, wenn alle Betriebsratsmitglieder einschließlich der Ersatzmitglieder ihr Amt niederlegen, mit der Folge der Weiterführung der Geschäfte).