Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 166
Ähnliches gilt für die in § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 BetrVG geforderte "Wahrnehmung typisch unternehmerischer (Teil-)Aufgaben", wozu grds. Tätigkeiten aus dem Bereich der kaufmännischen, organisatorischen, personellen oder wissenschaftlichen Leitung des Unternehmens in Betracht kommen; dem Angestellten muss aber, damit er als "leitender Angestellter" anzusehen ist, rechtlich und tatsächlich ein eigener, erheblicher Entscheidungsspielraum zur Verfügung stehen, d.h. er muss mit weitgehender Weisungsfreiheit oder Selbstbestimmung im Rahmen seines Tätigkeitsbereiches versehen sein und kraft seiner leitenden Funktion maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensführung ausüben (BAG v. 5.5.2010 – 7 ABR 97/08, juris: fehlt beim Chefarzt einer kleineren Abteilung eines Krankenhauses; LAG Hessen v. 28.7.2011 – 9 TaBV 183/10, juris: fehlt für Teamleiter für etwa je 15 Mitarbeiter und einer Budgetverantwortung von je 300.000,– EUR in der Designabteilung einer Entwicklungsgesellschaft; LAG Baden-Württemberg v. 27.11.2013 – 13 TaBV 8/13, juris: fehlt bei Serviceleiterin).
Rz. 167
Dem leitenden Angestellten muss rechtlich und tatsächlich ein eigener und erheblicher Entscheidungsspielraum zur Verfügung stehen und er muss kraft seiner leitenden Funktion maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensführung ausüben. Der maßgebliche Einfluss kann darin bestehen, dass er kraft seiner Schlüsselposition Entscheidungsvoraussetzungen schafft, an denen die Unternehmensleitung nicht vorbeigehen kann. Der maßgebliche Einfluss fehlt, wenn der Angestellte nur bei rein arbeitstechnischen, vorbestimmten Durchführungen unternehmerischer Entscheidungen eingeschaltet wird, etwa im Rahmen von Aufsichts- oder Überwachungsfunktionen. Nicht entscheidend ist zudem, ob der Ausübung der Tätigkeit aufgrund der Größenordnung der Handelspositionen ein erhebliches Schadensrisiko innewohnt. Auch ein fundiertes theoretisches Fachwissen ist für die Einordnung nicht entscheidend, wenn keine weitgehende Weisungsfreiheit und Selbstbestimmung gegeben ist (LAG Hessen v. 30.3.2020 – 16 TaBV 105/19, juris). Erforderlich ist darüber hinaus, dass die unternehmerische Aufgabenstellung mit Entscheidungsspielraum seine Tätigkeit prägt, d.h. deren Schwerpunkt bestimmt (BAG v. 5.6.2014 – 2 AZR 615/13, juris).
Rz. 168
Der erforderliche Einfluss auf die Unternehmensführung kann auch darin liegen, dass der leitende Angestellte kraft seiner Schlüsselposition Voraussetzungen schafft, an denen die Unternehmensführung schlechterdings nicht vorbeigehen kann (BAG v. 25.3.2009 – 7 ABR 2/08, juris: für Leiter der Revisionsabteilung). Hierbei genügt eine rein arbeitstechnisch "vorprogrammierte" Durchführung unternehmerischer Entscheidungen trotz erheblicher Budgetverantwortung jedoch nicht (LAG Bremen v. 15.1.2008 – 1 TaBV 15/07, juris: Jugendherbergsleiter).