Rz. 455

Der Betriebsrat kann in einer Geschäftsordnung gem. § 36 BetrVG die Befugnisse des Vorsitzenden konkretisieren und näher definieren, welche Angelegenheiten zu den laufenden Geschäften gehören (zur Geschäftsordnung s. Rdn 432). Er kann mit Einverständnis des Vorsitzenden die Führung bestimmter Geschäfte auch anderen Betriebsratsmitgliedern übertragen. Es bestehen keine Bedenken, wenn der Betriebsrat mit absoluter Mehrheit, weil es sich der Sache nach um einen Geschäftsordnungsbeschluss handelt, die Führung eines bestimmten Geschäftes – nicht aber die Vertretung ggü. dem Arbeitgeber, die dem Betriebsratsvorsitzenden kraft Gesetzes übertragen ist – auch gegen den Willen des Vorsitzenden einem anderen Betriebsratsmitglied überträgt. Überträgt der Vorsitzende selbst ein bestimmtes Geschäft einem Betriebsratsmitglied, so gelten die allgemeinen Bestimmungen über die Bevollmächtigung. Der Arbeitgeber ist berechtigt, dieses Betriebsratsmitglied zurückzuweisen, wenn es keine schriftliche Vollmacht des Betriebsratsvorsitzenden vorlegt.

 

Rz. 456

Der Stellvertreter des Vorsitzenden hat, solange der Vorsitzende zur Verfügung steht und anwesend ist, keine besonderen Befugnisse. Er führt die Geschäfte nur dann, wenn und solange der Vorsitzende selbst verhindert ist. Handelt er ohne solche Verhinderung, so sind von ihm abgegebene Erklärungen nicht wirksam. Selbst wenn der Vorsitzende seine Bereitschaft erklärt hat, Erklärungen des Arbeitgebers jederzeit, also auch außerhalb des Betriebes entgegenzunehmen, ist etwa die Übergabe eines Anhörungsschreibens an den Stellvertreter dann wirksam, wenn der Vorsitzende wegen Ortsabwesenheit an diesem Tag nicht im Betrieb ist (BAG v. 7.7.2011 – 6 AZR 248/10, juris). Man wird allerdings eine längere Abwesenheit – etwa mehrere Stunden – voraussetzen können, außer der Vorsitzende verlässt den Betrieb vor Ablauf der regelmäßigen allgemeinen Arbeitszeit. Einzelheiten hierzu könnten ebenfalls in der Geschäftsordnung des Betriebsrats konkretisiert werden, dürfen aber nicht dazu führen, dass der Zugang für den Arbeitgeber unzumutbar erschwert oder über einen längeren Zeitraum hinweg unmöglich gemacht wird. Besteht der Betriebsrat aus neun und mehr Mitgliedern, führt der gem. § 27 BetrVG zu bildende Betriebsausschuss die laufenden Geschäfte (§ 27 Abs. 2 S. 1 BetrVG).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge