Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 1288
Ein Betrieb wird dann stillgelegt, wenn der Betriebsinhaber die Arbeits- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Belegschaft auflöst. Dementsprechend stellt die Veräußerung oder Verpachtung eines Betriebes keine Betriebsstilllegung dar, denn der Erwerber tritt gem. § 613a Abs. 1 S. 1 BGB in die Arbeitsverhältnisse mit dem bisherigen Betriebsinhaber ein. Die betriebliche Organisation bleibt erhalten, der Betriebszweck kann fortgeführt werden, die Person des Arbeitgebers wird nur ausgetauscht. Aus diesem Grund stelle ein Betriebsübergang nach § 613a BGB für sich keine Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG dar (BAG v. 31.1.2008 – 8 AZR 1111/06, AP Nr. 2 zu § 613a BGB Unterrichtung = NZA 2008, 642; BAG v. 9.2.1994 – 2 AZR 666/93, NZA 1994, 686 = DB 1994, 1731; vgl. auch LAG München v. 17.10.2007 – 11 TaBV 73/07). Eine Betriebsänderung ist folglich nur gegeben, sofern zugleich ein Tatbestand des § 111 BetrVG erfüllt ist (BAG v. 31.1.2008 – 8 AZR 1116/06, BB 2008, 1342).
Rz. 1289
Natürlich kann ein Betriebsübergang mit Maßnahmen verbunden sein, die als solche einen der Tatbestände des § 111 S. 3 Nr. 1–5 BetrVG erfüllen und eine Betriebsänderung darstellen; in diesem Fall stehen dem Betriebsrat die Beteiligungsrechte nach §§ 111, 112 BetrVG zu (BAG v. 25.1.2000 – 1 ABR 1/99, NZA 2000, 1069 = DB 2000, 2329 = BB 2000, 2261). So kann etwa in einem Übergang eines Betriebsteiles des ursprünglichen Betriebs – derjenigen Organisation, für die der Betriebsrat gewählt worden war – eine Spaltung i.S.d. § 111 S. 3 Nr. 3 BetrVG liegen. In diesem Fall wird ein Teil der ursprünglichen Einheit als selbstständige Einheit oder im Fall der Eingliederung als Teil einer anderen Einheit fortgeführt (BAG v. 18.3.2008 – 1 ABR 77/06, NZA 2008, 957 = DB 2009, 126). Fällt eine Spaltung mit einem Teilbetriebsübergang zusammen, können im Sozialplan nur diejenigen Nachteile ausgeglichen werden, die sich aus der Spaltung ergeben, nicht aber solche, die auf dem mit dem Betriebsteilübergang verbundenen Schuldnerwechsel beruhen (BAG v. 10.12.1996 – 1 ABR 32/96, NZA 1997, 898 = DB 1997, 1416 = BB 1997, 1587). Zu den berücksichtigungsfähigen Nachteilsfolgen zählt nicht eine etwaige Verringerung der Haftungsmasse für Ansprüche der Arbeitnehmer beim Betriebserwerber. Sie ergibt sich allein aus dem rechtsgeschäftlichen Übergang des Betriebes und ist damit Folge des Betriebsinhaberwechsels (BAG v. 25.1.2000 – 1 ABR 1/99, NZA 2000, 1069 = DB 2000, 2329 = BB 2000, 2261).