Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 231
Das Gesetz unterscheidet "heilbare" und "unheilbare" Mängel; bei heilbaren Mängeln kann der Listenvertreter noch Angaben innerhalb einer vom Wahlvorstand gesetzten Frist, die auch nach Ablauf der Einreichungsfrist liegen kann, nachholen, die dann zur Gültigkeit der Liste führen können, bei unheilbaren nicht. Der Wahlvorstand muss immer durch Beschluss des Gremiums auf einer Sitzung – in Präsenz – entscheiden. Der Wahlvorstand darf Korrekturen nie selbst vornehmen, auch dann nicht, wenn er dies ohne Weiteres könnte (z.B. Geburtsdatum eines Bewerbers ergänzen). Er darf aber offenkundige Versehen selbst berichtigen, etwa Zahlendreher im Geburtsdatum oder Schreibfehler beim Namen. Da die Angabe "Art der Beschäftigung im Betrieb" sehr vage umschrieben ist, wird der Wahlvorstand – entgegen dem Gesetzeswortlaut – auch solche Ungenauigkeiten berichtigen können.
Rz. 232
Die Unterrichtung des Listenvertreters bei Mängeln muss zwingend schriftlich erfolgen (Telefax oder Mail genügt (BAG v. 20.10.2021 – 7 ABR 36/20, juris). Bei der Unterrichtung sind die Mängel so genau wie möglich anzugeben, pauschale Angaben genügen nicht (LAG Nürnberg v. 3.6.2019 – 1 TaBV 3/19, juris). Die Liste wird niemals an den Listenvertreter zurückgegeben (sinnvoll kann allerdings die Rückgabe einer Kopie der Liste, ggf. einschließlich einer Kopie der beanstandeten Stützunterschriften sein).
Rz. 233
Bei heilbarem Mangel (§ 8 Abs. 2 WO) muss darauf hingewiesen werden, dass der Mangel innerhalb einer Frist von drei Arbeitstagen beseitigt werden muss, dass ansonsten die Liste unheilbar unwirksam wird (die Frist ist genau zu errechnen und durch Beschluss des Wahlvorstandes festzulegen; sie darf nicht verlängert oder verkürzt werden, BAG v. 20.10.2021 – 7 ABR 36/20, juris). Die Frist beginnt mit der Aushändigung oder Übermittlung des Beanstandungsschreibens an den Listenvertreter; erreicht man ihn nicht an dem Tag, der zugrunde gelegt war, muss der Wahlvorstand die Frist durch Beschluss neu festlegen. Der Listenvertreter kann die Vorschlagsliste innerhalb der gesetzten Frist nachbessern und den Mangel beseitigen (entscheidend ist der Eingang beim Wahlvorstand). Im normalen Wahlverfahren kann die Nachbesserungsfrist von drei Arbeitstagen auch nach der im Wahlausschreiben gesetzten Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen enden. Eine weitere Nachfrist zur Heilung nunmehr neu aufgetretener Mängel erhält der Listenvertreter nicht.
Rz. 234
Heilbare Mängel liegen nach § 8 Abs. 2 WO vor, wenn auf Vorschlagslisten die Bewerberinnen oder Bewerber nicht unter fortlaufender Nummer, nicht mit Familiennamen, Vornamen und Geburtsdatum und der Art der Beschäftigung im Betrieb aufgeführt sind. Die Art der Beschäftigung soll den Wählern die Zuordnung der Kandidaten ermöglichen. Dem wird auch durch die Bezeichnung der Beschäftigungsabteilung oder des Berufes Genüge getan. Ob bei "Art der Beschäftigung" bei einem – möglicherweise langjährig – freigestellten Betriebsratsmitglied diese Funktion "Betriebsratsmitglied" angeführt werden kann, ist umstritten (für Zulässigkeit LAG Nürnberg v. 20.9.2011 – 6 TaBV 9/11, juris). Heilbare Mängel sind auch gegeben, wenn die schriftliche Zustimmung der Bewerberinnen und Bewerber zur Aufnahme in die Vorschlagsliste nicht vorliegt. Dasselbe gilt, wenn die Vorschlagsliste infolge von Streichung von Stützunterschriften durch den Wahlvorstand deswegen, weil der Arbeitnehmer auf mehreren Listen unterzeichnet hatte (mit der Folge, dass er nach § 6 Abs. 5 WO erklären muss, welche letztlich zählen soll), nicht mehr genügend Stützunterschriften aufweist.
Rz. 235
Stellt der Wahlvorstand einen unheilbaren Mangel fest, kann die Vorschlagliste nicht mehr korrigiert werden. Der Listenvertreter ist dennoch unverzüglich zu informieren, weil er versuchen kann, innerhalb der im Wahlausschreiben gesetzten Frist eine neue Liste einzureichen. Eine Ausnahme macht die herrschende Meinung dann, wenn der Mangel allein darin besteht, dass die Vorschlagsliste nicht die erforderliche Anzahl an Stützunterschriften aufweist (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 WO); hier können nach herrschender Meinung innerhalb der Einreichungsfrist die fehlenden Stützunterschriften ergänzt werden, es muss keine komplette neue Liste mit nochmal der vollen Zahl der nötigen Stützunterzeichner eingereicht werden. Auch ein solches Nachreichen (oder die Einreichung einer neuen Liste) ist aber nur möglich, wenn die Einreichungsfrist noch nicht abgelaufen ist.
Rz. 236
Ein unheilbarer Mangel liegt nach § 8 Abs. 1 WO vor, wenn die Liste nicht fristgerecht eingereicht ist, wenn Bewerberinnen und Bewerber nicht in erkennbarer Reihenfolge aufgeführt sind oder wenn die Liste bei der Einreichung nicht die erforderliche Zahl von Stützunterschriften aufweist (hierzu aber Rdn 235). Eine Rücknahme einer Stützunterschrift nach Einreichung der Liste ist unerheblich, außer der Arbeitnehmer hat eine weitere Liste unterstützt; dann muss die Unterschrift – so weit nicht ohnehin genügend Unterschriften vorhanden sin...