Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 1295
Eine Änderung der Betriebsorganisation i.S.v. § 111 S. 3 Nr. 4 BetrVG liegt vor, wenn der Betriebsaufbau, insb. hinsichtlich Zuständigkeiten und Verantwortung, umgewandelt wird. Sie betrifft die Art und Weise, wie Menschen und Betriebsanlagen koordiniert werden, damit der gewünschte arbeitstechnische Erfolg eintritt.
Rz. 1296
Nicht jede Änderung der Betriebsorganisation stellt eine Betriebsänderung dar, sondern nur eine "grundlegende". Grundlegend ist die Änderung dann, wenn sie sich auf den Betriebsablauf in erheblicher Weise auswirkt. Es kommt entscheidend darauf an, ob die Änderung einschneidende Auswirkungen auf den Betriebsablauf, die Arbeitsweise oder die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer hat. Die Änderung muss in ihrer Gesamtschau von erheblicher Bedeutung für den gesamten Betriebsablauf sein (BAG v. 18.3.2008 – 1 ABR 77/06, NZA 2008, 957 = DB 2009, 126: Verneint für Outsourcing der technischen Anzeigenproduktion mit der Begründung, es gebe keine gravierenden Auswirkungen auf den gesamten Betriebsablauf oder auf die Arbeitsweise und Arbeitsbedingungen der nicht unmittelbar betroffenen Arbeitnehmer; BAG v. 23.9.2003 – 1 AZR 576/02, NZA 2004, 440 = DB 2004, 658 = BB 2004, 1168; BAG v. 18.11.2003, NZA 2004, 741 = DB 2004, 1372: bejaht für die Aufgabe des mit Angestellten durchgeführten Anzeigendienstes zugunsten eines Netzes selbstständiger Handelsvertreter; LAG Hamm v. 10.10.1984 3 TaBV 70/84, NZA 1985, 129: Verneint für die Umorganisation der Gastronomieabteilung eines Warenhauses von Bedienung auf Selbstbedienung; BAG v. 21.10.1980 – 1 AZR 145/79, NJW 1981, 2599 = DB 1981, 698 = EzA § 111 BetrVG 1972 Nr. 12: Verneint für Ausgliederung einer Gaststätte aus einem Supermarkt).
Rz. 1297
Hinweis
Häufig betreffen Änderungen der Betriebsorganisation den Betriebsaufbau, z.B. Anzahl und Zuständigkeiten der Betriebsabteilungen. Eine Änderung tritt auch dann ein, wenn Entscheidungsbefugnisse in der Betriebshierarchie "nach unten" verlagert werden (sog. Dezentralisierung), wenn zur Organisation nach dem Spartenprinzip übergegangen oder wenn eine hierarchische Ebene eingespart wird z.B. durch Abschaffung der Ebene der Regionalleiter (BAG v. 26.10.2004 – 1 AZR 493/03, NZA 2005, 237 = DB 2005, 115 = BB 2005, 559). Derartige Änderungen können qualitativ grundlegend sein. Diese Art der Betriebsänderung kann in der Insolvenz von Bedeutung sei, wenn der Insolvenzverwalter den Betrieb auf diese Weise "verkaufsfähig" machen will (Uhlenbruck/Berscheid, §§ 121, 122 InsO Rn 49).