Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 506
Der Betriebsrat kann im Einzelfall beschließen oder auch generell in seiner Geschäftsordnung die Teilnahme von Gewerkschaftsbeauftragten vorsehen, wenn ein Betriebsratsmitglied Mitglied in der betreffenden Gewerkschaft ist. Umgekehrt kann es der Betriebsrat wegen des gesetzlich verankerten Schutzes gewerkschaftlicher Minderheiten nicht ablehnen, dass ein Beauftragter einer im Betriebsrat vertretenen Gewerkschaft an den Sitzungen beratend teilnimmt (§ 31 BetrVG). Voraussetzung ist aber, dass mindestens ein Viertel der Betriebsratsmitglieder dies beantragt. Das Viertel ist aus der Gesamtzahl der Mitglieder des Betriebsrates zu ermitteln, nicht nur aus der Zahl der bei der Beschlussfassung anwesenden Mitglieder. Ist ein solcher Antrag gestellt worden oder hat der Betriebsrat die Hinzuziehung eines Gewerkschaftsbeauftragten beschlossen, teilt der Betriebsratsvorsitzende der Gewerkschaft den Zeitpunkt und die Tagesordnung der Betriebsratssitzung rechtzeitig mit. Eine Ausdehnung des Teilnahmerechts auf alle im Betrieb (und nicht nur im Betriebsrat) vertretenen Gewerkschaften ist im Gesetz nicht vorgesehen und daher nicht zulässig (BAG v. 28.2.1990 – 7 ABR 22/89, juris). Der Betriebsrat kann aber – mit der entsprechenden Mehrheit – regeln, dass die im Betriebsrat vertretenen Gewerkschaften ein generelles Teilnahmerecht haben.
Rz. 507
Das Teilnahmerecht von Gewerkschaftsbeauftragten bezieht sich nur auf Sitzungen des Betriebsrates, sodass Gewerkschaftsbeauftragte gegen den Willen der Betroffenen an allgemeinen Besprechungen oder Beratungen zwischen Betriebsratsmitgliedern und dem Arbeitgeber nicht teilnehmen dürfen. § 31 BetrVG gilt aber auch für Ausschusssitzungen (für den Wirtschaftsausschuss: BAG v. 25.6.1987 – 6 ABR 45/85, juris). Der Gewerkschaftsbeauftragte kann nur beratend teilnehmen, d.h. ihm kann das Wort erteilt werden und er kann zur Sache sprechen. Er ist aber nicht abstimmungsberechtigt. Seine Anwesenheit beim Abstimmungsverfahren wird vom Gesetz nicht untersagt. Die ordnungsgemäße Einladung begründet das Recht des Gewerkschaftsbeauftragten auf Zugang zum Betrieb. Nach § 79 Abs. 2 BetrVG sind auch die Gewerkschaftsbeauftragten ausdrücklich an die Geheimhaltungspflicht bei Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gebunden. Unabhängig von § 31 BetrVG ist jedes Betriebsratsmitglied berechtigt, sich auf eine bevorstehende Betriebsratssitzung vorzubereiten und hierfür Rechtsrat einer Gewerkschaft einzuholen (LAG Hessen v. 20.3.2017 – 16 TaBV 12/17, juris, mit der weitgehenden Annahme, dass das Betriebsratsmitglied hierdurch schon deswegen nicht gegen seine Geheimhaltungspflichten verstößt, weil es sich beim interessenausgleichspflichtigen Personalabbau nicht um ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis handle).