Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 508
Bei neun oder mehr Betriebsratsmitgliedern muss der Betriebsrat als weiteres Organ einen Betriebsausschuss bilden. Der Betriebsausschuss besteht gem. § 27 Abs. 1 BetrVG aus dem Betriebsratsvorsitzenden, dessen Stellvertreter und mindestens drei weiteren Ausschussmitgliedern, insoweit sieht § 27 Abs. 1 BetrVG eine Staffelung je nach Größe des Betriebsratsgremiums vor. Der Betriebsausschuss hat von Gesetzes wegen bei größeren Betriebsräten die Aufgabe, die laufenden Geschäfte zu führen. Hierzu gehört, wenn keine ausdrückliche, in Schriftform niedergelegte Übertragung von Aufgaben erfolgt), nicht die Ausübung von Mitbestimmungsrechten (Einzelheiten vgl. Richardi/Thüsing, § 27 Rn 49 ff.). Die Einrichtung eines unabhängig vom Betriebsausschuss agierenden "geschäftsführenden Ausschusses" ist dagegen vom Gesetz nicht vorgesehen und unzulässig (BAG v. 14.8.2013 – 7 ABR 66/11, juris).
1. Befugnisse
Rz. 509
Mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder (absolute Mehrheit) kann der Betriebsrat dem Betriebsausschuss schriftlich Aufgaben zur selbstständigen Erledigung übertragen (§ 27 Abs. 2 S. 2 BetrVG). Der Abschluss von Betriebsvereinbarungen ist dem Betriebsrat aber selbst vorbehalten (§ 27 Abs. 2 S. 2 Hs. 2). Auch die Einleitung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens und die Beauftragung eines Rechtsanwalts können kein laufendes Geschäft sein und bedürfen einer wirksamen Beschlussfassung des Betriebsrats (LAG Düsseldorf v. 5.8.2015 – 4 TaBVGa/6/15, juris). Dagegen soll der Betriebsrat die Teilnahme an Monatsgesprächen dem Betriebsausschuss übertragen können (BAG v. 15.8.2012 – 7 ABR 16/11, juris). Diese Auffassung ist abzulehnen. Gerade in großen Betriebsräten mit konkurrierenden Listen besteht mitunter die Tendenz, die Betriebsratsmitglieder der Minderheitenlisten von Informationen möglichst auszuschließen und Entscheidungen so weit wie möglich auf – von der Mehrheit gebildete – Ausschüsse zu verlagern (vgl. etwa LAG Baden-Württemberg v. 6.9.2012 – 3 TaBV 2/12, juris). Lässt man auch noch die Beschränkung bei den Monatsgesprächen zu, können Betriebsratsmitglieder von Informationen noch weiter abgeschnitten werden.
2. Weitere Ausschüsse
Rz. 510
In Betrieben mit mehr als 100 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat Ausschüsse bilden und ihnen bestimmte Aufgaben übertragen. Nach § 28 Abs. 1 BetrVG 2001 ist die Bildung solcher Ausschüsse nicht mehr vom Bestehen eines Betriebsausschusses abhängig, sondern schon in kleineren Betriebseinheiten möglich. Abgestellt wird nicht mehr auf die Größe des Betriebsrates, sondern auf die Betriebsgröße. Unverständlicherweise stellt der Gesetzgeber hier dem Wortlaut nach allerdings nicht auf "in der Regel" beschäftigte Arbeitnehmer ab wie bei der Bestimmung der Betriebsratsgröße (§ 9 BetrVG), sondern auf die aktuelle Zahl. Gerade bei Betrieben, die um die Zahl von 100 Arbeitnehmern schwanken, ist dies höchst unpraktikabel. Um ein Mindestmaß an Rechtssicherheit zu erhalten, wird man trotz der gesetzlichen Formulierung darauf abstellen müssen, ob "in der Regel" 100 Arbeitnehmer beschäftigt sind oder nicht. Auf die Wahlberechtigung der Arbeitnehmer kommt es nicht an. Zu berücksichtigen sind nach der Rechtsprechungsänderung auch regelmäßig beschäftigte Leiharbeitnehmer. Derartige Ausschüsse haben aber nur beratende Funktion, können Entscheidungen des Betriebsrats nur vorbereiten, nicht aber selbstständig beschließen.
Rz. 511
Nur dann, wenn auch ein Betriebsausschuss gebildet ist, können weiteren Ausschüssen Aufgaben zur selbstständigen Erledigung übertragen werden (§ 28 Abs. 1 S. 3 BetrVG). Der Betriebsrat darf sich aber nicht aller wesentlichen Befugnisse dadurch entäußern, dass er seine Aufgaben weitestgehend auf Ausschüsse überträgt. Für den Kernbereich seiner gesetzlichen Befugnisse muss nach wie vor das Gesamtorgan zuständig sein. Dabei ist nicht auf einen einzelnen Mitbestimmungstatbestand, sondern auf den gesamten Aufgabenbereich abzustellen (BAG v. 20.10.1993 – 7 ABR 26/93, juris). Einzelne Mitbestimmungsangelegenheiten, wie bspw. die Beteiligungsrechte bei personellen Einzelmaßnahmen, können einem besonderen Personalausschuss zur selbstständigen Erledigung übertragen werden (vgl. BAG v. 1.6.1976 – 1 ABR 99/74, juris). Es muss nur die Entscheidungskompetenz des Betriebsratsgremiums bei den wesentlichen mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten gewährleistet sein. Die Entscheidung des Betriebsrates, welche Aufgaben er weiteren oder gemeinsamen Ausschüssen (§ 28 Abs. 2 BetrVG) überträgt, unterliegt keiner Zweckmäßigkeits-, sondern nur einer Rechtskontrolle.
3. Größe und Zusammensetzung
Rz. 512
Die Größe des Betriebsausschusses richtet sich zwingend nach der Staffel des § 27 Abs. 1 BetrVG. Er besteht aus dem Vorsitzenden des Betriebsrates und seinem Stellvertreter sowie drei weiteren Betriebsratsmitgliedern bei 9 bis 15 Betriebsratsmitgliedern, fünf weiteren Betriebsratsmitgliedern bei 17 bis 23 Mitgliedern usw. Anders als beim Betriebsausschuss ist für die weiteren Ausschüsse keine bestimmte Größe vorgeschrieben. Deren Größe bestimmt der ...